Weser-Kurier: Über Politikerkarrieren
Archivmeldung vom 19.07.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie einen gehen, weil sie erst gar nicht mehr kandidieren, die anderen werden einfach abgewählt. So ist das im Bundestag, und so wird es auch am Ende dieser 18. Legislaturperiode wieder sein. Demokratie lebt vom Wechsel, Politik ist Macht auf Zeit - auch wenn man bei einigen der 630 Abgeordneten nicht den Eindruck hat.
Sie sind, jedenfalls gefühlt, schon immer da gewesen. Einer davon ist Heinz Riesenhuber. Das Parlament ohne seine markante Fliege - ist das nicht undenkbar? Zwar sind Fliegen gerade wieder sehr modern, kein Abi-Ball ohne die kleinen Binder. Doch für den langjährigen Bundesforschungsminister, der seit fast 41 Jahren im Parlament sitzt, kommt dieser Trendwechsel definitiv zu spät. 81 Jahre ist er alt - wenn nicht er, wer dann? Ein 44-Jähriger kandidiert nun auf seinem Platz. Der Mann war vier Jahre alt, als Riesenhuber in den Bundestag gewählt wurde.
Das nennt man dann wohl Verjüngung, und die ist überfällig. Zwei Bremer, genauer eine Bremerin und ein Bremerhavener, hören auch auf. Die eine, Marieluise Beck von den Grünen, geht nicht freiwillig und wohl auch nicht ohne den Groll gegen die eigene Partei, die ihr ziemlich deutlich machte, dass nun genug sei. Dem anderen, Uwe Beckmeyer, Sozialdemokrat und am Ende seiner Karriere sogar noch Staatssekretär, fällt der Abschied eher leicht. Mal muss eben Schluss sein. Letztlich aber entscheiden die Wähler. Mehrheit ist Mehrheit, so geht Demokratie.
Wer es schafft, vier Mal in den Bundestag gewählt zu werden, dem kann niemand vorwerfen, er gehöre dort nicht hin. Ja, Demokratie lebt vom Wechsel, doch eine Qualität an sich ist das nicht. Eine gute Mischung aus Erfahrung und Tatendrang, aus Alt und Jung, ist hilfreich. Und ein weiter ansteigender Frauenanteil, bisher sind es 229, wäre wünschenswert. Vor allem aber braucht es Querdenker und kritische Geister, die sich nicht verbieten lassen, was einem Abgeordneten laut Grundgesetz zusteht: die Freiheit nämlich, nur seinem Gewissen unterworfen zu sein.
Quelle: Weser-Kurier (ots) von Hans-Ulrich Brandt