WAZ: Terror in Großbritannien: Browns erste Bewährungsprobe
Archivmeldung vom 02.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGordon Brown hat das Vereinigte Königreich am Wochenende in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Damit will der neue Premierminister ein Signal der Wachsamkeit aussenden. Doch bei aller Plausibilität dieses Schrittes spricht er auch für eine gewisse Hilflosigkeit.
Man kann das Vorgehen auch als Eingeständnis lesen,
dass die Regierung überrumpelt worden ist. Man wüsste das
Regierungshandeln in einer solchen Situation lieber auf festerem
Grund.
Gordon Brown befindet sich wenige Tage nach der Amtsübernahme in
einer prekären Situation. Es gilt als ausgemacht, dass er in nächster
Zeit eine Kurskorrektur in der Irakpolitik des Landes eingeleitet
hätte, mindestens ein beschleunigter Truppenabzug galt als gewiss.
Mit dieser Entscheidung, auf die viele Briten seit langem gewartet
haben, hätte der neue Amtsinhaber einen ersten Erfolg erzielen
können. Nun aber sähe sie nach einem Einknicken gegenüber den
Terroristen aus. Denn natürlich wurde jetzt die Frage laut, ob die
Anschläge sich gegen den Irakkriegsteilnehmer Großbritannien richten,
ob sie als Botschaft an Brown zu verstehen sind. Der muss jeden
Eindruck vermeiden, dass seine Regierung erpressbar sei. Also weist
er alle Spekulationen über das weitere Vorgehen im Irak zurück.
Großbritannien werde unbeugsam für die Freiheit des Individuums
kämpfen. Mit welchen Mitteln er diesen Kampf führen will, hat Brown
nur angedeutet.
Zum einen sprach er von einer verschärften Sicherheitspolitik,
zum anderen vom "Kampf um die Köpfe und Herzen". Bei letzterem
handelt es sich bislang um ein Schlagwort; mehr als der Hinweis, dass
den vielen friedlichen Muslimen nur wenige Extremisten
gegenüberstünden, fiel Brown dazu nicht ein. Konkreter sind seine
Vorstellungen zum Anti-Terror-Kampf, die er schon Anfang des Monats
auf einer Labour-Veranstaltung skizziert hatte. Namentlich forderte
er das Recht, Terrorverdächtige länger als bisher ohne Anklage in
Haft zu belassen; von 28 Tagen würde er die Frist gern auf sagenhafte
90 Tage erhöhen. Auch wolle er der Polizei die Möglichkeit geben,
Straftäter noch nach einer Verurteilung weiter zu verhören.
Die neue Innenministerin hat sich in den vergangenen Tagen noch mit Allgemeinplätzen beholfen, vom Dank an die Ermittler bis zur Aufforderung zu erhöhter Wachsamkeit. Für diesen Montag hat Jacqui Smith eine Erklärung vor dem Parlament angekündigt - da wird man hören, ob die jüngsten Ereignisse tatsächlich als Begründung für eine verschärfte Sicherheitspolitik herhalten müssen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung