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WAZ: Krisengipfel im Kanzleramt

Archivmeldung vom 15.12.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Regierung arbeitet. Sogar sonntags. Damit ist die Botschaft des Krisengipfels weitgehend umrissen. Grundsätzlich lässt sich wenig dagegen einwenden, dass Kanzlerin und Minister sich mit Wirtschaftsvertretern, Gewerkschaftern und Wissenschaftlern zusammensetzen, um über den Verlauf der Krise zu diskutieren, außer der Frage: Tun sie das sonst nicht?

Als Bürger sollte man davon ausgehen dürfen, dass die Kommunikation zwischen den Welten Politik, Wirtschaft und Finanzen auf unterschiedlichen Fachebenen längst in eine Permanenzphase eingetreten ist. Insofern wirkt der Gipfel möglicherweise eher verstörend, zumal die rund 30 Teilnehmer im Vorfeld ungefähr 40 Vorschläge geäußert haben, wie der Krise beizukommen sei. Der Umstand, dass die Republik während Angela Merkels Amtszeit eine Inflation von Gipfeln erlebt hat, trägt nicht zur Ermutigung bei. Denn bisher sollten die Energiegipfel, Familiengipfel oder Integrationsgipfel vor allem beweisen, dass die Regierung ein Problem erkannt hat.

Dass sie die Krise als Problem erkannt hat, das wollte man auch bisher schon annehmen. Wie mithilfe von Gipfeln aber Probleme zu lösen wären, das hat man zuletzt beim Bildungsgipfel wieder nicht erfahren. Man kann zwar Medien vorwerfen, dass sie eine Erwartungshaltung sowie eine riskante Fallhöhe erzeugen, aber das weiß die Gastgeberin - und lädt trotzdem ein, eben weil sie mediale Präsenz erreichen möchte. Gerade bei diesem Gipfel sollte nach den Treffen beispielweise von Betriebsräten bei Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier auch demonstriert werden: Die Große Koalition arbeitet nicht nur sonntags, sondern sogar gemeinsam.

Allerdings entfaltet die Große Koalition nicht einmal gemeinsam großen Weitblick. Andernfalls hätte sie Vertreter der Branchen Energie und Umwelttechnologie eingeladen, denn von der Klimakrise lässt sich die Wirtschaftskrise auch unter ökonomischen Aspekten nicht trennen. Wenn man die Krise als Chance zur Modernisierung begreift, was Merkel gern behauptet, dann muss man erstens zwingend darüber nachdenken, wie man eine für die Welt gesündere Energieversorgung fördert. Und zweitens, wie man seine Marktführerschaft bei klimaschonenden Technologien auch gegen eine neue Konkurrenz aus den USA bewahren kann. Umweltschutz ist d e r internationale Wachstumsmarkt, der ein wirklich modernes Land aus der Krise führen kann. Offenbar bleibt die Regierung in der Krise nicht nur sparsam mit dem Geld, sondern auch mit Ideen. 

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Angela Gareis)

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