Mittelbayerische Zeitung: Je später, desto lauter
Archivmeldung vom 17.09.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDass der befürchtete große Crash im Kosovo gestern ausblieb, darf einen noch nicht beruhigen. Die Extremisten und Schmuggler im Norden des Kosovo verfügen über Energie und Disziplin. Irgendeinen Pfeil werden die Regisseure der Aufwallungen und Brandschatzungen der letzten Jahre wohl noch im Köcher haben. Aber selbst wenn, mit viel Glück, Zusammenstöße ausbleiben: Der politische Schaden, den die fünf federführenden Westmächte im Kosovo mit der einseitigen Übernahme der Grenzübergänge angerichtet haben, übersteigt den operativen Nutzen in jedem Falle.
Wirklich erreicht ist kaum etwas. Wollte man den Norden des Kosovo schmuggelsicher machen, so müsste man neben den zweien von gestern noch einige Dutzende weitere Übergänge besetzen und zwischen ihnen regelmäßig patrouillieren - in einem unübersichtlichen Gebiet mit einer feindseligen Bevölkerung ein Ding der Unmöglichkeit. Vertan ist aber viel: Das zarte Pflänzchen des Vertrauens, das in den Gesprächen zwischen Serbien und dem Kosovo im letzten halben Jahr gekeimt hat, ist zertreten. Ein fataler Weg hat da begonnen. Bleiben Kämpfe und Brände aus, werden Prishtina und die Westmächte ihre eingeschlagene Route fortsetzen und als Nächstes versuchen, die Anführer im Norden des Kosovo einzusperren und durch Vertrauensleute der Kosovo-Regierung zu ersetzen. Spätestens da müssen sie scheitern. Je weiter man vorankommt, desto größer am Ende der Knall.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)