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Börsen-Zeitung: Die Anleger fassen Mut

Archivmeldung vom 03.05.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bei den Akteuren an den Finanzmärkten löst sich die ängstliche, teilweise panische Stimmungslage, die vor noch nicht allzu langer Zeit vorgeherrscht hat, zusehends auf. Die Anleger fassen Mut und sind wieder bereit, höhere Risiken einzugehen.

Ermuntert werden sie von einer Reihe positiver Entwicklungen und Ereignisse, die darauf hinzudeuten scheinen, dass die Überwindung der Krise tatsächlich gelingt und damit an den Aktienmärkten nun attraktives Aufwärtspotenzial besteht. Dass die Investoren bereit sind, das Glas wieder als halb voll und nicht als halb leer zu betrachten, zeigt die Reaktion auf die Entscheidung der Fed. Sie hat am Mittwoch zu verstehen gegeben, dass sie es mit weiteren Zinssenkungen nicht mehr allzu eilig hat, auch wenn sie nach wie vor Gewehr bei Fuß steht.

Der Markt hat nicht über das bevorstehende Ende der Zinssenkungen geklagt, sondern dies als Signal gefeiert, dass das Schlimmste überstanden sein könnte und eben deswegen schnelle, starke Zinsschritte nicht mehr notwendig sind. Ähnlich wirkten Äußerungen des US-Finanzministers Henry Paulson, der die US-Wirtschaft als solide bezeichnete und erklärte, "mehr als die Hälfte der Krise liegt hinter uns". Als seien sie Teil eines gelungenen Krisenmanagements, fallen nun auch noch die Konjunkturdaten besser aus als erwartet. Insbesondere der US-Arbeitsmarktbericht, der bei weitem nicht so schwach ausfiel wie befürchtet, bestätigt die Investoren in der Erwartung, dass die Krise dem Ende entgegengeht. Den Dax hat der Bericht im Handelsverlauf nicht nur über 7.000, sondern gleich auch noch bis in die Nähe der Schwelle von 7.100 Zählern und damit auf den höchsten Stand seit Mitte Januar gehievt.

Es passt ins Bild, dass gerade die Aktien der krisengeschüttelten Bankbranche, die vor wenigen Wochen noch niemand anfassen wollte, seit der Quartalswende eine rasante Aufwärtsentwicklung zeigen. Das ist durchgängig an den Börsenplätzen in Japan, Europa und den USA zu beobachten. Einige Beispiele: Mizuho, zur Quartalswende noch einer der Topverlierer des bisherigen Jahresverlaufs im japanischen Auswahlindex Topix Core 30, hat sich mittlerweile unter die Gewinner eingereiht. Zu verdanken ist dies einem kräftigen Sprung um 47% seit Anfang April. In Deutschland hat Hypo Real Estate gegenüber ihrem durch die Vertrauenskrise erreichten Tief von rund 13 Euro um bis zu 88% zugelegt. In den USA hat sich beispielsweise die Aktie der Investmentbank Lehman Brothers, die im März durch gezielt gestreute Gerüchte bis auf rund 20 Dollar abgestürzt war, wieder bis in die Nähe der Schwelle von 50 Dollar erholt. Insgesamt haben europäische Bankaktien, gemessen am entsprechenden Stoxx-Sektorindex, seit dem Tief vom März 22% gewonnen.

Stimmt das Szenario, das die Marktakteure derzeit spielen, dann hat der Aktienmarkt durchaus noch Aufwärtspotenzial. Die Dax-Werte könnten durch einen dann weiter steigenden Dollar zusätzlichen Rückenwind erhalten. Allerdings wird den Aktienmärkten ein eher steiniger, von weiterhin häufigen Richtungswechseln geprägter Weg nach oben bevorstehen.

So ist das Ende der konjunkturellen Abschwächung in den USA derzeit noch nicht mehr als ein Hoffnungswert. Darüber können auch die zuletzt besser als erwartet ausgefallenen Daten nicht hinwegtäuschen. Die amerikanische Volkswirtschaft hat im April immerhin noch per saldo 20.000 Stellen abgebaut. Die US-Einkaufsmanagerindizes fielen zwar weniger schwach aus, als befürchtet worden war, lagen aber immer noch unterhalb der Schwelle von 50 Punkten und damit innerhalb des Bereichs, der wirtschaftliche Verlangsamung signalisiert. In den kommenden Wochen und Monaten drohen weiterhin enttäuschende Konjunkturdaten.

Ferner sind gerade die Finanzbranchen nach den kräftigen Avancen der letzten Wochen für Gewinnmitnahmewellen anfällig. Sie könnten zudem auch den Gesamtmarkt treffen, wenn erst einmal die Berichtssaison abgelaufen ist und von dieser Seite keine Impulse mehr ausgehen. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass sich die Aufwärtsbewegung in dem Tempo der zurückliegenden Tage fortsetzen wird.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Christopher Kalbhenn)

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