Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Bhutto/Pakistan
Archivmeldung vom 20.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittÖfter als gedacht treibt die Geschichte ein unkalkulierbares Spiel. Im Guten wie im abgründig Bösen. Und in vielem wiederholt sie sich durchaus. Was seinen Grund offenbar ganz maßgeblich darin hat, dass der Menschen seinem Wesen und Un-Wesen immer neuen Ausdruck gibt.
So scheint auch hinter dem fürchterlichen Gemetzel von Karachi am
Donnerstagabend weltpolitisch noch Beunruhigenderes auf als die fast
alltägliche Erkenntnis, dass der massenmörderische, heimtückische
Terrorismus überall auf der Erde grausige Freunde hat. An fanatischen
Handlangern mangelt es ihm nicht.
Zwar wurde Pakistans frühere und vielleicht auch künftige
Premierministerin Benazir Bhutto um Haaresbreite nicht, wie brutalst
geplant, ins Jenseits gebombt. Doch das islamische
100-Millionen-Einwohner-Land, das Sachkennern nicht von ungefähr als
praktisch unregierbar gilt, leistet sich ausgerechnet Ejaz ul-Haq,
den unberechenbar zwielichtigen Sohn des berüchtigten früheren
Militärmachthabers Zia ul-Haq als Religionsminister, richtiger: als
Religionsaufseher im Sinne der reinen Lehre des Propheten.
Auch vor diesem Hintergrund erscheint Benazir Bhuttos Bekundung, sie
wolle »Pakistan die Demokratie zurückbringen«, wie ein Ruf im dunklen
Tann. Denn in Pakistan wie auch in Dutzenden anderer mehrheitlich
oder fast völlig islamisch bestimmter Länder erweist sich, jedenfalls
bislang noch, dass die dort vorherrschenden religiösen, kulturellen,
politischen und rechtspolitischen Wertevorstellungen denen des
demokratisch verfassten »Westens« widerstreitend gegenüber-, ja,
objektiv entgegenstehen.
So sehr Bhuttos Ansinnen Respekt verdient: Wie kann es ihr gelingen,
Pakistan, dieses Pulverfass sogar moslemischer Bruderkriege und
zugleich Ausbildungs- und Rückzugsgebiet der Al Kaida, zu befrieden
und auf Dauer demokratisch-aufgeklärt zu gestalten?
Maßgeblich ins Gewicht fällt dabei, was sich fortan asien-, nahost-
und globalpolitisch im Spannungsbogen-Dreieck zwischen den
rivalisierenden alten und neuen Machtzentren in Washington, Moskau
und Peking entwickeln wird. Wer kann für sich entscheidende Vorteile
herausschlagen gerade auch im Umgang mit den wichtigen islamischen
Staaten?
Waldimir Putin setzt erkennbar auf die »eurasische Karte«, will in
den früheren Sowjet-Satelliten-Staaten russischen Einfluss
zurückgewinnen und macht auf »gut Freund« mit jenem Iraner Mahmud
Ahmadinedschad, der den Juden-Staat am liebsten von der Landkarte
tilgen würde, wenn er es denn könnte.
Derweil verlieren die Amerikaner Boden etwa in Georgien und in der
Ukraine. Wer glaubte, Putins Russland sei auf »Westintegration« und
»Europäisierung« aus, sieht sich jetzt auf dem Holzweg. So manches in
der Geschichte war schon mal da.
Ist George W. Bush so nervös, dass er einen »dritten Weltkrieg« an
die Wand malt?
Das wirkt befremdlich töricht.
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt