Mittelbayerische Zeitung: Zum Thema InklusionEin Marathon
Archivmeldung vom 26.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Politik feiert die Inklusionsschulen als großen Wurf in der Bildungspolitik. Aber eigentlich gibt es keinen Grund zu feiern, denn in Bayern wurde zum Schuljahr 2011/2012 nur endlich das umgesetzt, was die UN-Behindertenkommission bereits 2009 verlangt hat. Jetzt haben alle Eltern das Recht, ihre Kinder an einer Regelschule unterrichten zu lassen - auch wenn diese einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Das klingt gut. Aber in der Praxis kann von Wahlfreiheit noch keine Rede sein.
Soll ein behindertes Kind an einer herkömmlichen Schule unterrichtet werden, dann bedeutet das für die Eltern noch immer einen langwierigen Kampf, einen Behördenmarathon. Es gibt keine zentrale Anlaufstelle, wo man sich informieren kann. Verhandlungen mit dem Bezirk, mit dem Landratsamt und der Kommune vor Ort sind nötig, bis Fragen wie Integrationshelfer oder Fahrtkosten geklärt sind. Auch die richtige Schule will erst gefunden sein. Das dauert. Nicht Wochen, sondern Monate. Verständlich, dass angesichts all dieser Hürden manche Eltern von der Idee einer Inklusion ihrer Kinder wieder Abstand nehmen und doch den "einfachen Weg" zu den im Volksmund Sonderschule genannten sozialpädagogischen Förderzentren wählen. Dabei will laut den Elternverbänden diese Schulform doch eigentlich niemand mehr haben. Denn Sonderschule - das ist leider die Wahrheit - stigmatisiert die behinderten Kinder noch mehr. Sie werden aus ihrem Umfeld gerissen - sie werden ausgegrenzt und verspottet. Wenn Bayern wirklich die Inklusion von behinderten Menschen will, reichen einige neue Lehrerstellen nicht aus. Inklusion ist dann erreicht, wenn die Regelschule für alle Kinder zur Pflichtschule wird. Dann haben Eltern immer noch die Wahl, wenn sie sonderpädagogische Einrichtungen für geeigneter halten.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)