Schwäbische Zeitung: Betonköpfe haben ausgedient
Archivmeldung vom 24.09.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEigentlich unglaublich: Ein kleiner Küstenstrich in der Levante steht seit 1948 ständig ganz oben auf der weltpolitischen Tagesordnung. Damals konnten Juden dort ihren Staat gründen, während den Palästinensern genau dies nicht gelang. Sie gehörten zu den Verlierern des ersten Nahostkrieges. Auch später ist ihnen nicht viel geglückt. Nun soll der Erfolg durch das Erzwingen eines eigenen Staates im Rahmen der UN kommen. Seit Jahren arbeiten die Palästinenser darauf hin, während sich Israel sperrt. Längst zeigt sich alle Welt genervt - vor allem, weil es in diesem Dauerkonflikt eher Rück- als Fortschritte gab.
Vor einem Jahrzehnt war der inzwischen verstorbene Palästinenserchef Jassir Arafat einer Staatsgründung schon recht nahe gekommen. Israels damaliger Regierungschef Ehud Barak bot ihm den kompletten Gaza-Streifen und über 90 Prozent des Westjordanlandes an. Arafat wollte mehr, speziell Alt-Jerusalem mit dem Tempelberg. Am Schluss hielt er nichts in den Händen. Bald darauf gewann die fanatische Hamas zunehmend Einfluss. Heute ist das potenzielle Palästinenserland völlig zerrissen. Intern wegen diverser Machtkämpfe, geografisch durch die vielen jüdischen Siedlungen. Wirtschaftlich läuft nichts. Nur die Bevölkerung nimmt rapide zu. Dies schafft neue Probleme, die selbst etablierten Staaten zusetzen würden.
Dennoch brauchen die Palästinenser ihre Chance. Nur so können sie das Gefühl bekommen, nicht auf alle Ewigkeit die Kellerkinder des Nahen Ostens zu sein. In der wirklichen Welt wird sich dagegen nichts ändern: Die Palästinenser hingen am Tropf der internationalen Gemeinschaft. Sie werden auch künftig nicht davon loskommen. Den Israelis geht es übrigens ähnlich. Ohne ständige Finanzhilfen aus der EU und den USA wäre das Land pleite. Das Geld könnte ein Hebel sein, um der widerstrebenden Regierung Netanjahu ein Entgegenkommen nahezulegen. Vor dem Hintergrund des Wandels in der arabischen Welt passt eine israelische Betonkopfhaltung überhaupt nicht mehr in die Region.
Quelle: Schwäbische Zeitung (ots)