Börsen-Zeitung: Die Kapitulation
Archivmeldung vom 29.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist kein Befreiungsschlag à la Trennung von Chrysler bei Daimler. Es ist das Eingeständnis einer Niederlage. Die Deutsche Post gibt im Kampf um den US-Markt klein bei. Die Rechnung für das vor Jahren begonnene große Abenteuer jenseits des großen Teichs bezahlen die Investoren - schon seit Jahren.
Nun kommen nach all' den Verlusten in der Vergangenheit noch 2 Mrd. Dollar für die Sanierung der chronisch defizitären Express-Sparte in Nordamerika hinzu.
Frank Appel zieht die Reißleine - ein längst überfälliger Schritt, den sein Vorgänger Klaus Zumwinkel, in der Hoffnung, es aus eigener Kraft doch noch zu schaffen, gescheut hatte. Doch nicht einmal nach dem Einsatz der enormen Summe von weiteren 2 Mrd. Dollar kann Konzernchef Frank Appel die Prognose wagen, wann DHL Express in Übersee schwarze Zahlen abliefert. 2011 soll der Verlust niedriger ausfallen als der Wertbeitrag der Aktivitäten dort: Dann dürften immer noch 300 Mill. Dollar "Miese" eingefahren werden - ein Fass ohne Boden. Klar, hinterher ist man immer klüger. Doch: Dieses Paket hätte der Bonner Konzern schon vor zwei Jahren schnüren können und damit Anlegern und Management eine Menge erspart.
Dass der Bonner Konzern ausgerechnet mit dem Erzrivalen UPS paktiert, überrascht, ist aber wohl der klügste Schachzug, den Appel tun konnte - auch wenn es ausgesprochen peinlich wirkt, sich mit dem Wettbewerber zusammenzutun, mit dem man sich erbittert auch vor Gericht bekämpft hatte. Die Stärke von UPS und Fedex auf dem oligopolistischen US-Markt ist schließlich dafür verantwortlich, dass die Post mit DHL in Amerika nicht zum Zuge gekommen ist. So der Vertrag mit dem weltgrößten Express- und Paketzustelldienst der Welt denn auch tatsächlich in trockene Tücher kommt, übernimmt UPS den Lufttransport der Sendungen von DHL Express innerhalb der USA. Das Transportnetz am Boden soll signifikant gestrafft werden.
Nun wird sich Appel der Zukunft der Postbank widmen. Natürlich muss der Konzernchef betonen, er gehe die Entscheidung "in aller Ruhe" an. Doch seine Aktionäre setzen ihm zu, Kasse zu machen und die Mittel in der Größenordnung von 5 Mrd. Euro nicht allein zur Finanzierung der Pensionsverpflichtungen einzusetzen. Der Ruf nach Sonderausschüttung wird kommen - und zwar per Express.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Walther Becker)