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"nd.DerTag": Hilfloser Rechtsstaat - Kommentar zum Deal im Münchner Abgasbetrug-Prozess

Archivmeldung vom 04.05.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith

Nach fünf Wochen Bedenkzeit stimmte Rupert Stadler letztlich dem vom Landgericht München II angebotenen Deal zu. Er wird im Prozess um Abgasbetrügereien bei Diesel-Pkw der Volkswagen-Tochter Audi ein umfassendes Geständnis ablegen - im Gegenzug kommt er mit einer Bewährungs- und einer Geldstrafe davon. Dabei hatte der ehemalige Audi-Chef jahrelang immer wieder seine Rolle als Aufklärer beteuert und erklärt, er sei von seinen Technikern hinters Licht geführt worden. Das erschien Kennern des unübersichtlichen Volkswagen-Dschungels nicht unplausibel.

Der Fall Stadler weist so oder so weit über das Münchner Verfahren hinaus. In Braunschweig, mitten im VW-Land Niedersachsen, stehen vier frühere Topmanager wegen der Dieselaffäre vor Gericht. Das Verfahren gegen den vormaligen Konzernchef Martin Winterkorn liegt krankheitsbedingt auf Eis. Auch diese Verfahren könnten nun mit einem Deal "Geständnis gegen Haftverschonung" enden.

Dem Rechtsstaat stellen solche Geschäfte auf Gegenseitigkeit ein schlechtes Zeugnis aus. Gewaltige Umweltschäden, Milliardenverluste für Unternehmen und Autokäufer passen nicht zu Betrügern, die Gerichte als freie Männer verlassen. Solch schmutzige Deals belegen vor allem die Hilflosigkeit bei Wirtschaftsverbrechen. Dank des Pragmatismus in München ist der Weg immerhin für ein rechtskräftiges Urteil frei. Ohne ein solches würde dem Gericht und seinem Vorsitzenden Richter Stefan Weickert eine peinliche Revision wegen möglicher Verfahrensfehler drohen - und den Angeklagten weitere jahrelange Rechtsstreitigkeiten. Diese trostlose Aussicht mag Stadler und das Gericht zum Deal getrieben haben.

Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ots)

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