Westdeutsche Zeitung: Euro-Stärke ist eine Schwäche des Dollar
Archivmeldung vom 12.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNie war der Euro so wertvoll wie heute. Während die Europäer kurz nach seiner Einführung 1999 noch befürchteten, sich mit dem Euro ein "Weichei" eingehandelt zu haben, zeigt die Kurve für Europas Gemeinschaftswährung mit kurzen Unterbrechungen steil nach oben. Im Gegensatz dazu geht es seit Monaten mit dem US-Dollar steil bergab.
Die Euro-Stärke ist also gleichzeitig eine Schwäche des
Greenback. Schließlich haben die USA ein riesiges Haushaltsdefizit.
Neuerdings geht auch die Sorge um zu viele faule Hypothekenkredite
und sinkende Konsumlust der Amerikaner um. Die Europäer dagegen,
nachdem die Wirtschafts-Lokomotive Deutschland ebenfalls in Fahrt
gekommen ist, können ihre Defizitkriterien bei der Neuverschuldung
wieder einhalten. Selbst Deutschland ist inzwischen zum Musterknaben
geworden.
Die Misere des Dollar sitzt aber noch tiefer, so einfach ist die
Wirtschaftswelt nicht. Zum einen ist Amerikas Währung, die derzeit so
schwach wie seit 1973 nicht mehr notiert wird, zum Spielball von
Spekulanten verkommen. Da in den USA in nächster Zeit nicht mehr mit
höheren Zinsen zu rechnen ist, lenken sie ihre Geldströme nach
Europa. Hier hat die Europäische Zentralbank ja bereits weitere
Zinsanhebungen angekündigt. Europa ist derzeit ein sicherer Hafen,
jedenfalls so lange wie die Inflation noch im Zaum bleibt.
Zum anderen ist ein Großteil der Spekulanten heute Länder oder ganze
Kontinente. So sind in Asien - bis auf Südkorea - derzeit alle
Landeswährungen unterbewertet, und zwar gezielt. Beispielsweise
können die Chinesen bei einem schwachen Renminbi die Welt mit ihren
Waren besser überschwemmen. Und auch Japan hat an einem stärkeren Yen
kaum Interesse. Auch das muss - da der Dollar derzeit ausfällt - der
Euro beim Wert ausbaden.
Europas Währung könnte also noch auf 1,40 bis 1,50 gegenüber dem
Dollar steigen. Das wäre kein Beinbruch, denn die deutsche
Exportwirtschaft kann dies verkraften, weil sie überwiegend in die
Eurozone verkauft und fast nur noch Spezialitäten anbietet. Den
deutschen Sommerurlaubern kann die Euro-Stärke nur recht sein, falls
sie in den Dollarraum reisen. Und auch den Autofahrern kommt ein
starker Euro zugute. Er mildert die nach oben schießenden Ölpreise
etwas ab.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung