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Gescheiterte Erpressung

Archivmeldung vom 14.12.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat gerade noch rechtzeitig die Reißleine gezogen. Hätte er seinen Erpressungskurs, mit dem er seit Monaten die anderen EU-Staaten in Geiselhaft nimmt, noch weiter fortgesetzt, hätte sein Land zum Jahresende rund 4 Mrd. Euro aus dem Brüsseler Corona-Wiederaufbaufonds unwiederbringlich verloren. Ob Budapests autoritärer Herrscher dies seiner Bevölkerung noch irgendwie hätte erklären können? Wohl kaum. Dass die anderen EU-Staaten nun den nationalen Aufbauplan gebilligt haben, ist der kleine Triumph, den Orbán feiern kann. Aber Geld fließt jetzt noch lange nicht aus Brüssel, sondern erst, wenn zahlreiche Reformen im Land umgesetzt sind. Und dies ist der große Triumph der EU.

Natürlich: Das Einfrieren von gut 6 Mrd. Euro an Haushaltsgeldern tut Orbán noch nicht wirklich weh. Hier geht es um EU-Mittel, die zum Teil erst in den Jahren 2025, 2026 oder 2027 fällig gewesen wären. Aber auch hier muss er nun erst einmal konkrete Maßnahmen gegen Korruption in seinem Land umsetzen, bevor er wieder die Chance hat, an das Geld zu kommen, auf das Ungarn zumindest mittelfristig nicht so einfach verzichten kann.

Erstmals haben die EU-Institutionen jetzt ihren noch relativ neuen Rechtsstaatsmechanismus angewandt - und er scheint zu wirken. Auch in den Mitgliedstaaten gab es nun zum ersten Mal die nötige Mehrheit zum Eingreifen, wenn EU-Gelder möglicherweise veruntreut werden. Und dies ist gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Korruptionsvorwürfe rund um das Europaparlament ein wichtiges und nicht zu unterschätzendes Signal nach innen und außen.

Innerhalb der EU hatte Orbán spätestens mit seiner jüngsten Blockade der Ukraine-Finanzhilfen seine letzten Verbündeten verloren. Selbst die ansonsten in Fragen der Rechtsstaatlichkeit fest verbandelten Polen hatten sich abgewendet. Zudem hatten die anderen Staats- und Regierungschefs Orbán sowohl im Falle der Ukraine-Hilfe als auch bei der ebenfalls blockierten Mindeststeuer sehr klar gemacht, dass sie eine Umsetzung notfalls auch im Kreise der EU-26 durchsetzen würden - selbst wenn die Wege dann komplizierter würden. Die Erpressungsversuche mit Hilfe der Vetos wären damit so oder so ins Leere gelaufen. Damit kommt die EU jetzt doch noch 2022 zu ihrem Mindeststeuer-Beschluss, mit dem eigentlich kaum noch jemand gerechnet hatte. In einem Jahr sollte die nationale Umsetzung dann abgeschlossen sein, was dann auch in der Steuerpolitik für ein wenig mehr Gerechtigkeit sorgt. Auch dies ist ein positiver Nebeneffekt aus dem Ungarn-Paket.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Andreas Heitker

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