Börsen-Zeitung: Durchbruch, Kommentar zum Aktienmarkt von Christopher Kalbhenn
Archivmeldung vom 08.12.2016
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Freigeschaltet durch André OttVon seinem Höchststand von 12391 Punkten ist der Dax, anders als die von Rekord zu Rekord eilenden US-Indizes, zwar noch weit entfernt. Dennoch ist der gestrige Anstieg ein Durchbruch. Denn der Index hat damit nicht nur endlich das bisher erfolglos attackierte alte Jahreshoch von 10800 Zählern hinter sich gelassen. Er hat auch die Verlustzone verlassen. Am Freitag noch mit 2% im Minus, steht nun mit 10987 Punkten im Vergleich zum Jahresbeginn ein Plus von 2,3% zu Buche.
In gewisser Weise wiederholt sich damit das Muster, das schon nach dem Brexit-Votum und dem ebenfalls überraschenden Wahlsieg von Donald Trump zu beobachten war. Nach vorübergehender Schwäche kehrten die Aktienmärkte in ihren Aufwärtstrend zurück. Mit einem Unterschied: Das Scheitern des italienischen Verfassungsreferendums hatte sich abgezeichnet.
Dass andererseits die Implikationen des Scheiterns für Europa und damit letztlich auch für die Märkte mittel- bis langfristig potenziell sehr negativ sind, ist aus Sicht der Marktteilnehmer derzeit von geringer Relevanz. Für sie zählt nur, dass jetzt die letzte große politische Unbekannte dieses Jahres vom Tisch und damit der Weg für höhere Kurse frei ist. Dabei können sie sich auf ein aufgehelltes Umfeld stützen.
Weltweit zeigen die Einkaufsmanagerindizes nach oben, womit derzeit die Aussichten gut scheinen, dass sich das globale Wachstum 2017 etwas beschleunigen und sich nicht wie in den zurückliegenden Jahren verlangsamen wird. In den USA und in Europa haben die Unternehmensgewinne im dritten Quartal erstmals seit langem wieder Zuwächse zum Vorjahr gezeigt, so dass die Gewinnrezession überwunden scheint.
Beides begann schon vor der US-Wahl, doch mit dem Sieg Trumps bzw. den von ihm avisierten Steuersenkungen und umfangreichen Infrastrukturinvestitionen könnten diese Tendenzen zusätzlichen Schub erhalten - sofern eine Protektionismuswelle ausbleibt. Die positive Stimmung spiegelt sich in der Entwicklung des Volatilitätsindex VDax New, eines Gradmessers für die Nervosität im Markt, deutlich wider. Er sank gestern bis auf 16,43 Punkte.
In den zurückliegenden beiden Jahren war er nur an zwei Tagen des zurückliegenden Septembers niedriger. Damit ist der Markt derzeit viel zu sorglos. Auch wenn der Dax zunächst weiter steigen dürfte, sprechen die erheblichen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten für das nächste Jahr eher für einen deutlich höheren VDax als für einen sehr kräftigen Anstieg des Dax.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots)