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Westdeutsche Zeitung: Die EU-Initiative setzt auf das Prinzip Hoffnung

Archivmeldung vom 12.10.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.10.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ich rauche gern! Ein flotter Slogan, der Freiheit suggeriert, Genuss und Lebensfreude. Der aber vorsätzlich verschweigt, dass wenige Raucher freiwillig zum Glimmstängel greifen, sondern meist aus Sucht. 650 000 Europäer sterben an deren Folge in jedem Jahr - sagt die EU-Kommission und will den Kontinent rauchfrei machen.

Ein hehrer Vorsatz. Allerdings kann die EU ihre Mitglieder nur über Umwege dazu bewegen, nationales Recht zum Schutz der Nichtraucher zu ändern. Über die sogenannte Tabakproduktrichtlinie, die Höchstwerte für Schadstoffe festlegt oder vorschreibt, wo und wie für Raucherwaren geworben werden darf.

Mit einem ähnlichen Vorsatz wäre die EU-Kommission vor sieben Jahren beinahe schon einmal gescheitert. Als sie versuchte, Tabakwerbung aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Ausgerechnet die deutsche Regierung weigerte sich seinerzeit, das Werbeverbot umzusetzen. Erst als Deutschland drohte, eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu verlieren, kam ein entsprechender Gesetzesentwurf.

Man muss kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass Gesundheitskommissar John Dalli es nicht leicht haben wird, mit seinen Forderungen durchzukommen. Ein Blick vor die Haustür reicht. In Nordrhein-Westfalen ist das Nichtraucherschutzgesetz, obschon seit mehr als zwei Jahren in Kraft, ein einziger Witz. Es gibt so viele Ausnahmen, dass kaum jemand durchblickt. Kontrolliert wird selten und wenn, ohne Nachdruck. Im Grunde hat sich wenig geändert - nur das Gesetz. Immerhin hat Rot-Grün im Land angekündigt, diesen Wildwuchs zu beschneiden. Das allein ist freilich zu wenig. Was fehlt, ist ein einheitliches, sprich bundesweites, Gesetz, das den Nichtraucherschutz regelt. Das ist vorerst aber nicht zu erwarten. Schlicht, weil der Wille dazu fehlt.

Genau das macht den Vorstoß aus Brüssel so attraktiv. Wenn Kippen weniger leicht verfügbar sind, wenn die Folgen des blauen Dunstes nicht mehr verharmlost und verschleiert werden, dürften vermutlich weniger Menschen zur Zigarette greifen. Und damit werden dann auch die Nichtraucher geschützt - durch die Hintertür. Prinzip Hoffnung. Mehr scheint nicht möglich.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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