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Börsen-Zeitung: Die Rally trägt sich selbst

Archivmeldung vom 15.08.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.08.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der deutsche Aktienmarkt hat die gerade beendete Handelswoche mit einem deutlichen Verlust der fünf Tage von 2,8% auf 5309 Punkte beendet. Dazu ist zu einem guten Teil das Kursdesaster bei Volkswagen (VW) schuld - die Aktie des Autoherstellers brach zeitweise um rund 25% ein.

Aber auch ohne VW kommt unterm Strich eine deutlich negative Wochenperformance heraus. Dies überrascht eigentlich, weil doch aktuell ermutigende Konjunkturdaten veröffentlicht worden sind. So haben gemäß den Zahlen ihrer Statistikämter die beiden bedeutendsten Volkswirtschaften der Eurozone, Deutschland und Frankreich, die Rezession bereits hinter sich gelassen. Die Rückkehr zu wenn auch nur leichtem Wirtschaftswachstum ist damit rascher erfolgt, als die meisten Ökonomen zu hoffen gewagt hätten.

Die zum Wochenausklang schwache Performance ist zweifellos auch auf die unerfreulichen US-Daten zurückzuführen. Der Index des Verbrauchervertrauens der Universität Michigan kam mit lediglich 63,2 Punkten herein, weit unterhalb der Konsensschätzung der Bankenvolkswirte von 69 Zählern. Die Zahlen machen deutlich, dass entgegen dem am Aktienmarkt fast schon grenzenlosen Konjunkturoptimismus längst noch nicht alles Gold ist, was glänzt. Die Stimmung der US-Verbraucher, die über den privaten Konsum immerhin rund 40% zum Bruttoinlandsprodukt beitragen, ist alles andere als optimistisch. Besorgnis erregend sind auch die US-Verbraucherpreise, die im Juli so stark gesunken sind wie schon seit 60 Jahren nicht mehr.

Letztlich ist die schwache Performance aber darauf zurückzuführen, dass der Markt überkauft ist. Die freundlichen Konjunkturdaten aus der Eurozone haben lediglich bestätigt, was längst eingepreist war. Sie vermochten daher über ein kurzes Strohfeuer hinaus keinen weiteren Auftrieb verleihen.

Zudem ist auch die Quartalssaison eher gemischt ausgefallen. Wie die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schreiben, hat es mit einem Verhältnis von 16:14 zwar ein leichtes Übergewicht der positiven Überraschungen bei den Nettogewinnen der Dax-Unternehmen gegeben. Es fiel auch die Veränderungsrate der Unternehmensgewinne mit -44% besser aus als vom Marktkonsens mit -55% erwartet. Betrachtet man jedoch über den Dax hinaus den breiteren Markt, ergibt sich ein leichtes Übergewicht der Negativüberraschungen. Bedenklich ist aber vor allem, dass eine Mehrheit von 55% der Unternehmen mit ihren Erlösen die Konsensschätzung verfehlt hat. Die LBBW-Analysten schließen daraus, dass Enttäuschungen beim Gewinn vor allem dadurch vermieden worden sind, dass die Unternehmen eine strengere Kostenkontrolle eingeführt und Investitionen aufgeschoben haben. Eine wirkliche Geschäftsbelebung sei jedoch vielfach nicht festzustellen gewesen. Die Experten der WestLB weisen auf eine tiefe Kluft zwischen der positiven Top-Down-Betrachtung der Lage und der eher enttäuschenden Bottom-up-Sichtweise hin. Sie gehen daher von einem Revisionsbedarf der Gewinnwachstumsschätzungen aus.

Damit stellt sich die Frage, wie es mit der Rally weitergeht. Bliebe das bisherige Tempo der Erholung erhalten, stünde der Dax am Jahresende bei satten 7300 Punkten - womit allerdings eher nicht zu rechnen ist. Viele Aktienstrategen weisen auf die aus ihrer Sicht akute Rückschlaggefahr hin. Sie gehen davon aus, dass der Dax das Jahr deutlich unter dem aktuellen Niveau beendet. Aber auch das erscheint derzeit als eine eher unrealistische Perspektive.

Am wahrscheinlichsten ist es, dass sich die Hausse weiter fortsetzt, wenn auch mit einem reduzierten Tempo. Dafür spricht unter anderem, dass es derzeit große Mengen an Liquidität gibt, die der Anlage harren. Mit der Flutung der Märkte mit Liquidität haben die Notenbanken das Potenzial für eine Vielzahl neuer Überbewertungsblasen geschaffen. Diese lassen sich derzeit auf einer Vielzahl von Märkten beobachten - von Corporate Bonds über Rohstoffe, Emerging Markets bis eben auch zu den etablierten Aktienmärkten.

Zudem gibt es jede Menge Investoren, die aufgrund ihrer Skepsis erst sehr spät an den Aktienmarkt zurückgekehrt sind und nun alle Kursrücksetzer dazu nutzen, um zuzukaufen. Wie es scheint, trägt die Rally bis auf Weiteres sich selbst.

Quelle: Börsen-Zeitung

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