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Lausitzer Rundschau: Ganz so einfach ist es nicht

Archivmeldung vom 08.03.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Oberflächlich betrachtet erscheint die Sache so: Wer über seine Verhältnisse lebt, muss eben damit rechnen, dass irgendwann das dicke Ende kommt. Sollen Isländer und Griechen, bald vielleicht auch Iren, Spanier und Portugiesen, doch die Suppe auslöffeln, die sie sich eingebrockt haben.

Indes: Ganz so einfach ist es nicht. Was für den Privathaushalt stimmt, muss noch lange nicht richtig sein, wenn es um Volks- und Weltwirtschaft geht, wo vieles mit vielem zusammenhängt. Beispiel Island: Dort hat es die Bevölkerung gerade mit einer Mehrheit von 9 Prozent kategorisch abgelehnt, für von der privaten Pleite-Bank Icesave verursachte Schulden in Höhe von 3,8 Milliarden Euro in Großbritannien und den Niederlanden zu haften. Das ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, wie die Situation überhaupt entstanden ist: Die drei größten (Privat-)Banken des Landes hatten sich mit riskanten internationalen Kreditgeschäften derart verspekuliert, dass sie im Jahre 2008 verstaatlicht werden mussten, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Durch diesen alternativlosen Schritt aber übernahm der isländische Staat automatisch die Verpflichtung zur Rückzahlung von Spareinlagen an jene britischen und niederländischen Bürger, die sich von der Aussicht auf traumhafte Renditen hatten anlocken lassen. Das aber bedeutet: Nicht Anleger oder Banker zahlen die Zeche, sondern der isländische Steuerzahler. Kein Wunder, dass der sich sträubt - entspricht der Betrag doch mehr als einem Drittel von Islands jährlicher Wirtschaftsleistung. Wie das Land in absehbarer Zeit wieder Boden unter den Füßen bekommen soll, wenn London und Den Haag ihre rechtlich unbestreitbaren Ansprüche durchsetzen, ist nicht ersichtlich. Beispiel Griechenland: Für die schwierige Situation des Landes gibt es eine Reihe von Gründen. Neben Korruption und niedriger Steuermoral gehört dazu auch die geringe Wettbewerbsfähigkeit. Aber wer zu Recht kritisiert, dass die Griechen - ebenso wie Spanier oder US-Amerikaner - mehr Geld ausgegeben haben, als sie hatten, der sollte fairerweise zugleich sagen, wer davon - auch - profitiert hat: Die auf den Export orientierte deutsche Wirtschaft, die sich durch die Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahre massive Vorteile im internationalen Wettbewerb sichern konnte. Und wer nun, mitten in die Rezession hinein, von Athen einen radikalen Sparkurs fordert, der muss erklären, wie der Gefahr einer Abwärtsspirale begegnet werden soll, die niemandem nützt und allen schadet. Und wie endlich jenen Spekulanten das Handwerk gelegt werden kann, die wahlweise gegen den Euro, das britische Pfund oder die Zukunft einzelner EU-Staaten wetten. Andernfalls drohen dramatische Folgen: Viele Isländer denken an Auswanderung, die Insel im Nordatlantik droht auszubluten. Auch in Griechenland könnten sich gerade junge Leute gezwungen sehen, ihr Glück fern der Heimat zu versuchen. Zudem drohen soziale Unruhen: Einer gerade veröffentlichten Umfrage zufolge halten fast 90 Prozent der griechischen Bevölkerung diese Gefahr für ganz real. Die Krise wird mehr und mehr spürbar in Europa.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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