Lausitzer Rundschau: Urteil im Prozess gegen Peter Hartz: Nur ein Anfang
Archivmeldung vom 26.01.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZwei Dinge sind bemerkenswert an dem Urteil gegen Peter Hartz. Zum einen die Art, wie es zustande gekommen ist. Der ehemalige VW-Personalvorstand hat von einer Regelung profitiert, die von Juristen neutral Verständigung im Strafverfahren genannt wird, die der Volksmund aber als Absprache bezeichnet.
Diese Art von Absprachen ist in vielen Strafprozessen üblich, dann
aber handelt es sich etwa um Fälle von Drogenkriminalität und man
erhofft sich von den Geständnissen neben einer Beschleunigung der
Strafverfahren weitere Aufklärung und dadurch weitere Zugriffe im
kriminellen Milieu. Doch seitdem auch in Wirtschaftsstrafprozessen
auf diese Möglichkeit, ein Verfahren abzukürzen, immer häufiger
zurückgegriffen wird - der Mannesmann-Prozess war das letzte
prominente Beispiel - seitdem gerät dieses Instrument immer stärker
in Misskredit. Zu Recht, solange der Eindruck dabei entsteht, man
lasse die Großen ja ohnehin laufen. Eine schnelle Aufklärung im
Hartz-Prozess ist sicher ein lohnender Zweck eines solchen Deals
gewesen, allerdings muss der Staat dafür sorgen, dass die Art solcher
Absprachen strenger geregelt wird. Dass aus der einst sinnvollen Idee
nicht ein Instrument wird, mit dem sich vermögendere Angeklagte
schnell aus Unannehmlichkeiten herauskaufen können. An solchen
Regelungen arbeitet die Bundesjustizministerin, und sie tut gut
daran.
Zum anderen ist der Fall Hartz auch deshalb bemerkenswert, weil er
zeigt, wie tief der lange Jahre als korrekt geltende Mann ins System
Volkswagen verstrickt war. Dass seine Straftaten neben der
Bewährungsstrafe mit einer Geldstrafe belegt werden, die höher
ausfällt als das Bußgeld, auf das sich die Richter mit
Staatsanwaltschaft und Verteidigung geeinigt hatten, zeigt, wie groß
der Schaden war, den Hartz dem Unternehmen zugefügt hatte. Bei ihm
setzte wohl das Unrechtsbewusstsein aus, solange er im Sinn von
Volkswagen zu handeln hoffte, solange er sich die Gunst der
Arbeitnehmerseite erkaufen konnte. Doch den Grundstein für dieses
System hat der heutige Aufsichtsratschef Ferdinand Piech gelegt.
Hartz zu bestrafen ist richtig. Aber jetzt müsste auch der Sumpf
trockengelegt werden, der der Nährboden für diese Auswüchse falsch
verstandener Mitbestimmung war.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau