Börsen-Zeitung: Merck wetzt die Messer, Kommentar zur Merck-Gruppe, die im Übernahmekampf um Schering nicht klein bei gibt, von Sabine Wadewitz
Archivmeldung vom 10.06.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlWieder ein Paukenschlag in Darmstadt! Die Merck-Gruppe gibt bei der feindlichen Attacke auf den Berliner Pharmakonkurrenten Schering nicht klein bei. Wenige Tage vor Ablauf der Offerte von Bayer, die das südhessische Unternehmen ausgebootet hatte, wetzt die Familiengesellschaft erneut die Messer.
Zuerst sah es so aus, als ob die Pharma- und Chemiegesellschaft
lediglich Gefallen an einem Nebenberuf als Hedgefonds gefunden hätte.
Merck hatte zunächst eine Aufstockung ihres Schering-Pakets auf mehr
als 6% gemeldet. Mit dieser Quote wäre Bayer der Weg zum Squeeze-out
bei Schering versperrt, und Merck hätte mit anderen Finanzinvestoren
und Berufsopponenten auf eine höhere Abfindung spekulieren können.
Inzwischen ist klar, dass die Darmstädter nach wie vor
strategische Interessen bei ihrem Objekt der Begierde verfolgen. Das
nun in kurzer Zeit auf über 10% aufgestockte Engagement bei Schering
signalisiert, dass die Übernahmepläne noch nicht aufgesteckt wurden.
Knapp 820 Mill. Euro hat sich Merck die Zukäufe über die Börse kosten
lassen und mit Preisen nahe der Bayer-Offerte von 86 Euro tief in die
Tasche gegriffen. Es wurden Beträge gezahlt, die das Merck-Management
zuvor als deutlich überzogen abgetan hatte.
Merck setzt darauf, dass Bayer die angepeilte Quote von 75% bei
Schering verfehlt. Die Erfolgsaussichten für die Leverkusener sind
mit dem Querschlag aus Darmstadt auch erheblich gesunken. Schon raten
Banken von einem Andienen der Aktien ab, weil bei einem neuen
Übernahmekampf oder einem Zerschlagungsszenario höhere Preise
erreichbar wären.
Vieles deutet darauf hin, dass Merck darauf setzt, via
Pflichtangebot bei Schering zum Zug zu kommen. Dafür müsste
sukzessive ein Paket von 30% aufgebaut werden. Finanzierbar wäre das
für die Darmstädter allerdings nur, wenn die Schering-Aktie über eine
längere Zeit deutlich niedriger notierte. Denn bei einem
Pflichtangebot ist der in den sechs Monaten zuvor gezahlte
Höchstpreis die Untergrenze.
Bayer wird sich nicht geschlagen geben. Die Leverkusener dürften beim Scheitern ihrer freiwilligen Offerte auch die Flucht ins Pflichtangebot antreten. Mit dem Schering-Paket der Allianz von gut 10% wäre man rasch auf Augenhöhe mit Merck. Und dann beginnt das Windhundrennen.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung