Der Blick nach Frankreich
Archivmeldung vom 14.01.2020
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Freigeschaltet durch André OttKurz zum Status Quo in Frankreich. Die Streikenden und Demonstranten können sich fürs Erste über einen politischen Home Run freuen. Der französische Premierminister Édouard Philippe hat am 11. Januar 2020 angekündigt, die strittige Klausel über das Renteneintrittsalter vorerst aus dem Gesetzesentwurf herauszunehmen. Die Streiks und Demonstrationen über die Weihnachtszeit machten dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron schwer zu schaffen.
Macron teilte im Dezember 2019 mit, auf seine Pension zu verzichten, in der Hoffnung, die wütenden Bürger zu besänftigen. In der Vergangenheit waren entsprechende politische Schachzüge zur Imageverbesserung beim amerikanischen Präsidenten Donald Trump erfolgversprechend gewesen. Dieser hatte beispielsweise am 18. März 2019 über Twitter verkünden lassen, er habe einen Teil seines Präsidentengehalts, eine Summe von hunderttausend Dollar, an das Department of Homeland Security, das Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten gespendet. Während Donald Trump genau weiß, wie er sich gegenüber seiner Wählerschaft verhalten soll und welche Marketing-Tricks er bei Gelegenheit zur Anwendung bringen muss, zeigt Emmanuel Macron vergleichsweise wenig Geschick.
Angesichts einer weiteren Eskalation des Konflikts sah sich der französische Präsident vermutlich gezwungen, die Maßnahme seines Premierministers als „konstruktiven Kompromiss“ zu kommentieren. Dieses politische Schachspiel fällt dem französischen Präsidenten gewiss nicht leicht. Bislang konnte Macron seine Schachopfer, falls diese überhaupt von der Gegenpartei angenommen wurden, nicht dazu nutzen, wirklich viel Zeit zu gewinnen. Die wütenden Citoyens werden auch diesmal die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen. Sie werden den Druck auf die Regierung stetig erhöhen, um unmissverständlich klarzustellen, dass es kein Patt geben wird, sondern ein schmerzhaftes Schachmatt.
Auch wenn Macron sich während des Studiums intensiv mit Machiavelli (Der Fürst) beschäftigt hat, hapert es offensichtlich noch bei der praktischen Umsetzung. Die zähe Hartnäckigkeit, mit der ein Teil der französischen Bevölkerung sich gegen die Obrigkeit auflehnt, um der neoliberalen Doktrin eine klare Absage zu erteilen, ist in Paris deutlich spürbar. Der Bahnverkehr ist lahmgelegt und im Straßenverkehr droht das totale Chaos. Während der Weihnachtszeit konnten viele Pariser die Hauptstadt nicht verlassen. In der deutschen Medienlandschaft findet man zahlreiche Beiträge zu den Protesten in Frankreich.
Weshalb die deutsche Bevölkerung gegen die eigene Rentenpolitik nicht vermehrt auf die Straßen geht, wird im Zusammenhang mit den Protesten in Frankreich immer wieder gestellt. Wer beide Rentensysteme in Vergleich setzt, kommt schnell zum Ergebnis, dass die Franzosen in fast allen Aspekten besser gestellt werden. Das Rentenalter in Deutschland ist deutlich höher als in Frankreich, ebenso wie die Anzahl der Beitragsjahre. Überdies fällt die Durchschnittsrente in Deutschland niedriger aus. Anders ausgedrückt: In Frankreich arbeitet man weniger lange, zahlt weniger Jahre ein und kriegt am Ende sogar mehr Geld!…weiterlesen hier: https://kenfm.de/tagesdosis-13-1-2020...
Quelle: KenFM von Sean Henschel