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Lausitzer Rundschau: Zur Krise auf den Finanzmärkten

Archivmeldung vom 09.10.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nicht einmal jeder zweite Ostdeutsche glaubt dem Versprechen von Angela Merkel, dass die privaten Spareinlagen in Deutschland garantiert sind. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap.

Mit anderen Worten: Über die Hälfte der Bürger in den neuen Ländern gibt an, dass die Bundeskanzlerin entweder bewusst die Öffentlichkeit täuscht oder einfach nicht in der Lage ist, ihre Zusage zum Schutz des privaten Sparvermögens einzuhalten. Nun sind weder Politikverdrossenheit noch überschnelle Stammtisch-(Vor-)Urteile über Nieten in Nadelstreifen zwischen Elbe und Neiße etwas Unbekanntes. Und angesichts von 1 400 000 000 000 verbrannten US-Dollar (so hoch schätzt der Internationale Währungsfonds IWF die Kosten der Krise) sicher keine Überraschung. Doch dieses Misstrauen in die Politik ist gerade heute unbegründet, denn Kanzlerin und Finanzminister machen im Ringen gegen die vielen Nullen einen guten Job. Auch wenn die Staatsgarantie nur für Sparguthaben und nicht für Anlagevermögen gilt. Natürlich bleiben Fragen. Natürlich ist nicht zu verstehen, warum monatelang um wenige Euro Kindergelderhöhung gestritten und die Pendlerpauschale gekürzt wird, während nun über Nacht für die Banken unvorstellbar hohe Summen zur Verfügung stehen. Und natürlich ist nur schwer nachzuvollziehen, warum Banker jahrelang Millionensummen als Erfolgsprämien verdienen und im Misserfolgsfall der Steuerzahler haften muss. Trotzdem ist das deutsche Krisenmanagement aus heutiger Sicht aller Ehren wert - vergleiche man es nur mit dem in den USA oder denke man an den de facto Staatsbankrott Islands. Merkel fällt heute auf die Füße, was in der Vergangenheit leichtfertig als Kredit verspielt wurde: die Glaubwürdigkeit der Politik. Das begann im Großen beim Versprechen (oder dem Versprecher) von Norbert Blüm, die Rente sei sicher. Das geht weiter mit der Gesundheitsreform, die nicht nur das kranke Medizinsystem gesunden, sondern auch Familien mit Kindern entlasten sollte. Und geht bis zu solchen alltäglichen Dingen, wie der Wahlaussage von Andrea Ypsilanti oder den Scheinkandidaturen bei den gerade beendeten Kommunalwahlen in Brandenburg. Was diese Beispiele eint, ist das verheerende Signal, welches sie aussenden: Liebe Bürger, das Wort von uns Politikern ist nichts wert, es hat keinen Bestand. Vielleicht fängt auch Weltwirtschaft im Kleinen an. Zu schnell ist in Talkshows heute einzig die Gier einzelner Banker als Wurzel allen Übels ausgemacht, wird nun der ganze Berufsstand zu Unrecht an den Pranger gestellt. Doch wer hat in die vielen Fonds investiert, stets davon träumend, sein Geld quasi über Nacht zu vervielfachen? Jeder der früh um sechs auf Arbeit geht, weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer ein Euro erarbeitet wird. Weshalb glaubten Millionen kleiner Sparer den Versprechen der provisionsabhängigen Finanzberater, dass es mit Zertifikaten so viel einfacher geht? Krisen bieten auch Chancen, und eine Chance ist mehr Wissen um volks- und betriebswirtschaftliche Prozesse. Nötig ist künftig eine grundlegende, fachmännisch begleitete Wirtschaftsausbildung schon in der Schule. So wie es in ersten Ansätzen zurzeit das Planspiel Börse der Sparkassen bietet. Vertrauen - auch in die Politik - basiert auf Wissen und nicht auf Enttäuschung.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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