Lausitzer Rundschau: Frankreichs Sozialisten schicken Frau ins Präsidentenrennen
Archivmeldung vom 18.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs war der Mut der Verzweiflung, die Frankreichs Sozialisten Ségolène Royal zu ihrer Kandidatin küren ließ. Denn nur sie hat die Chance, den Genossen den Elysée-Palast zurückzuerobern. Die Altherrenriege der Parteiführung, die jetzt sang- und klanglos unterging, hatte es beim letzten Versuch noch nicht einmal in die Stichwahl geschafft.
Mit dem Sieg der Dame bei der Kandidatenkür beginnt in unserem
Nachbarland eine neue politische Ära. Denn auch ihr wohl schärfster
Gegner, der jetzige Innenminister Nicolas Sarkozy, ist ein
Außenseiter. Auch er hat seinen Aufstieg vor allem dem eigenen
Charisma zu verdanken. Royal wie Sarkozy sind die Antwort auf die
Lähmungserscheinungen, mit denen sich Frankreich herumschlägt.
Dringend notwendige Veränderungen wurden immer wieder auf die lange
Bank geschoben, weil ein fein gewobenes, parteiübergreifendes
Machtkartell das Risiko scheut, mit dem Volk in einen schwierigen und
doch notwendigen Dialog zu treten. Das aber können die beiden ganz
ungewöhnlich gut. Und Frankreich liebt dergleichen. Wer das Land in
Zukunft führen will, soll seinen eigenen Charakter haben, so wie die
großen Vorgänger, wie de Gaulle und Mitterrand. An ihnen wird Royal
gemessen werden. Sie scheint dies sehr genau zu spüren. Ihren
sozialistischen Parteifreunden hat sie unmissverständlich klar
gemacht, dass sie sich an liebgewordene Gewohnheiten nicht zu halten
pflegt. Sie redet ohne Scheu über die Tabus der französischen Linken.
Sie riskiert den Konflikt mit dem eigenen Lager, das ihr zu folgen
hat. Sie will den ganzen Sieg, der sie nicht auf die Rituale der
zutiefst uneinigen Linken verpflichtet. So hat einst auch Mitterrand
die Macht erobert. Dafür muss sie allerdings zunächst im ersten
Wahlgang besser abschneiden als der Chauvinist Le Pen. Und darin
besteht ihre nächste Herausforderung. Le Pen ist der Kandidat der
Angst. Die französische Seele, die es sich gerne im Gewohnten
behaglich einrichtet, muss ihre eigene Angst vor dem Neuen besiegen.
Dafür käme diese schöne, kluge Frau gerade recht. Wenn jenseits des
Rheins die Neigung wächst, etwas zu riskieren, so wird sie ganz
zwangsläufig gewinnen. Sie verkörpert die Zuversicht - und das würde
dann auch Europa sehr nachdrücklich zu spüren bekommen. Denn sollte
sie es werden, so wird diese Frau mit ihrer Ausstrahlung und ihrer
Geschichte ganz zwangsläufig auch unser aller Präsidentin.
Quelle:Pressemitteilung Lausitzer Rundschau