Rheinische Post: Rückschlag
Archivmeldung vom 12.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBrennende Autos, Molotow-Cocktails, Schüsse in den Straßen - eine einzige Nacht der Gewalt wirft Belfast um Jahre zurück. Zwar sieht es im Augenblick nicht danach aus, als würde der Friedensprozess mit großem Knall gegen die Wand fahren. Dazu hat die Mehrheit der Nordiren den Frieden zu sehr schätzen gelernt, den Aufschwung in den Szenevierteln, die Normalität, die vielerorts Einzug hielt. Aber Versöhnung und Wohlstand erreichen längst noch nicht alle.
In den
Armenvierteln der Stadt ist von der Friedensdividende wenig zu
spüren. Dort reicht ein Funke, und das Pulverfass explodiert.
Das politische Vakuum, mit dem sich Nordirland herumquält, kommt
erschwerend hinzu. Seit drei Jahren schon streiten sich Protestanten
und Katholiken, wie, wann und zu welchen Bedingungen sie in der
Autonomieregierung wieder gemeinsam am Kabinettstisch sitzen können.
Lokale Politiker, aufgewachsen mit der Mentalität des Bürgerkriegs,
verbeißen sich in Scheingefechte, hinken dem Realismus der Bürger oft
meilenweit hinterher. Zu solchem Niveau passt der Anlass, der die
schwersten Unruhen seit Jahren auslöste: Es ging um knapp hundert
Meter Umweg, eine geänderte Marschroute, die man den Oraniern zumuten
wollte.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post