Westdeutsche Zeitung: Google fotografiert die Städte der Welt
Archivmeldung vom 11.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGoogle polarisiert. Für die einen ist das Internet-Unternehmen ein fast schon genialer Dienstleister, der das Leben einfacher macht. Für die anderen ist der Konzern - unter anderem durch seine Suchmaschine - ein Daten sammelnder Moloch, der nach der virtuellen Weltherrschaft im Sinne eines Orwell'schen Überwachungsstaates strebt.
Das Projekt "Street View" befeuert diese alte Diskussion erneut. Es ist eine breite Phalanx, die sich inzwischen in Deutschland gegen Googles - im übrigen fast schon vollendete - "Street View"-Pläne stellt: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Verbraucherministerin Ilse Aigner, Städte und Gemeinden, Datenschützer und der Verband der Hauseigentümer wollen das Projekt stoppen - notfalls mit einem besonderen Gesetz, das dem Unternehmen das Fotografieren untersagen soll. Doch dies wäre ein äußerst fragwürdiges Vorgehen, das vor dem Bundesverfassungsgericht wohl kaum Bestand haben würde: Der Staat gibt in seinen Gesetzen ausschließlich allgemeine Richtlinien und Rahmenbedingungen, er darf sich auf Gesetzesebene gar nicht mit einzelnen Unternehmen oder Personen befassen. Ein (theoretisch vielleicht mögliches) allgemeines Verbot, Fotos von öffentlichen Straßen und Plätzen ins Internet zu stellen, träfe hingegen letztlich jeden Einzelnen, der eine digitale Kamera und einen internetfähigen Computer sein Eigen nennt. Denn schon jetzt fotografieren unzählige Menschen aus rein privaten Gründen öffentliche Straßen und Gebäude - nebst den zufällig dort weilenden Menschen - mit modernen Digitalkameras, die über eine so genannte Geo-Tagging-Funktion verfügen. Diese Technik ermöglicht es, Fotos mit exakten Ortsdaten zu versehen und sie - beim Hochladen ins Internet - automatisch mit einer Landkarte zu verbinden. Von solchen Fotos gibt es bereits Millionen. Die Angst vor Googles "Street View" dürfte bei vielen Menschen auf dem unbestimmten Gefühl beruhen, möglicherweise in einer peinlichen oder zumindest unerwünschten Situation fotografiert zu werden. Doch auch das gibt es schon lange: Beispielsweise bei Radar- oder Rotlicht-Überwachungsanlagen. Auch wenn diese Fotos nicht ins Internet gelangen.
Quelle: Westdeutsche Zeitung