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Aufmerksamkeit zählt

Archivmeldung vom 25.08.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.08.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Nur die gesammelten Schulden der maroden DDR-Unternehmen haben dem Staat seit der Wiedervereinigung Deutschlands ein noch höheres Defizit beschert als die Coronakrise. Den zweithöchsten Wert nach 1995 meldeten die obersten Statistiker mit fast 81 Mrd. Euro nun für die ersten sechs Monate 2021. Die Defizitquote von 4,7 Prozent liegt spürbar über den zulässigen 3 Prozent des Maastricht-Vertrags. Ist das der Weg zurück in den Schuldenstaat? Oder kommen die Staatsfinanzen weitgehend von selbst wieder in die Balance, wenn die schlimme Krise überwunden sein wird?

Viele Argumente, die das hohe Defizit relativieren, überzeugen. Die Corona-Pandemie hat unsere Gesellschaft und Wirtschaft in eine echte Ausnahmelage gebracht. Hier musste der Staat klotzen. Ein großer Teil des Defizits resultiert aus Überbrückungshilfen, um Unternehmen zu stabilisieren. Das Kurzarbeitergeld hat Arbeitsplätze gerettet und den Firmen die Fach­kräfte. Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser, Ausgaben für Impfstoffe und für Schutzausrüstung gehören mit zu den Staatskosten, die für die hohen Schulden verantwortlich sind.

Diese vielfach einmaligen und krisenbedingten Ausgaben er­leichtern die Rückkehr zu einer wieder ausgewogenen Finanzpolitik. Die Steuereinnahmen ziehen bereits an, seitdem sich die Wirtschaft wieder belebt. Absehbar ist die Zeit, in der das Einnahmenniveau vor der Krise wieder erreicht wird. Deutschland steht auch gemessen an anderen großen Industrieländern vergleichsweise gut da, weil es in einer Lage mit Haushaltsüberschüssen in die Krise ge­rauscht und nicht so tief gefallen ist.

Und doch ist es nicht die Zeit für Entspannung. Mit den schwindelerregend hohen Zahlen der Neuverschuldung in der Coronakrise hat sich das Gefühl für Relationen verändert. Der Umgang mit Ausgaben ist lockerer geworden. Die Kreditermächtigung hatte der Bundestag in der Krise so übermäßig dimensioniert, dass der Finanzminister nun satte 16 Mrd. Euro für den Flutkatastrophenfonds und weitere Millionen zur Linderung der Afghanistan-Tragödie ohne Rücksprache mit dem Parlament finanzieren kann. Enge Schuldenregeln sind auch manchen im Weg: Die Grünen und die Linken wollen die Schuldenbremse lockern und staatliche Investitionen aus Krediten finanzieren. Die Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen gelingt aber nur mit Disziplin. In der Krise hat sich die Schuldenbremse als locker genug erwiesen. Aufmerksamkeit zählt, um die Staatsfinanzen wieder ins Lot zu bringen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Angela Wefers

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