WAZ: Die Chefin hat ein Problem
Archivmeldung vom 11.01.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGeschieden und wieder verheiratet, kinderlos, protestantisch und aus Ostdeutschland: Den Konservativen in der Union war Angela Merkel schon immer fremd. Vor allem den Katholiken. Gegrummel gab es intern auch, erst recht nach Merkels Papst-Kritik. Nach außen blieb's ruhig, weil auch das ein bürgerlicher Charakterzug ist.
Dass die Konservativen nun vor der Vorstandsklausur der CDU öffentliche Kritik an der Parteichefin äußern, muss Merkel alarmieren. Der Vorgang ist nicht einfach wegzumoderieren. Der Unmut ist über viele Jahre gewachsen: Erst verprellte das turbokapitalistische Leipziger Grundsatzprogramm den starken, katholisch geprägten Sozialflügel; dann verunsicherten der Linksschwenk und die Öffnung der Partei für großstädtisches Milieu, junge Frauen und Arbeiter die werteorientierten Traditionalisten der Partei. In der Merkel-CDU ist es kühler geworden, und mancher fragt sich, was die Merkel-CDU überhaupt ist.
Merkel, die Moderatorin, hat versäumt, die Parteiflügel auf ihrem Weg mitzunehmen. Jetzt hat sie ein Problem. Das größere hat Jürgen Rüttgers. Der will wiedergewählt werden. Die Leute aber mögen keinen Streit.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung