LVZ: Führung gefragt
Archivmeldung vom 26.11.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.11.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDen Stein der Weisen haben die Regierungschefs der neuen Länder, Berlins und der neue Aufbau-Ost-Minister Wolfgang Tiefensee auch gestern nicht gefunden. Wie denn auch? Schon viele haben es versucht, und bis auf Harry Potter sind bislang alle gescheitert. Und deshalb waren die Erwartungen an das Spitzentreffen in der Hauptstadt von vornherein auch gering gewesen.
Zumindest, was das Auffinden eines
Königsweges anbelangt, der zu blühenden Landschaften führt.
Wirtschaftlich und nicht botanisch betrachtet wohlgemerkt.
Die Parameter für das Spitzentreffen waren jedenfalls schon im
Vorfeld festgelegt: Die Investitionszulage wird fortgeführt, und die
für den Aufbau Ost im Solidarpakt 2 vorgesehenen Mittel in Höhe von
51 Milliarden Euro sollen bis ins Jahr 2019 fließen. Draufgesattelt
wird nicht, weil Finanzminister Peer Steinbrücks Haushalt aus dem
letzten Loch pfeift und Deutschland auch dieses Jahr mit Pauken und
Trompeten die Maastricht-Kriterien brechen wird.
Deshalb gibt es fiskalisch keine Spielräume mehr. Und auch deshalb
wollen die Ministerpräsidenten trotz der Zusagen in den
Koalitionsvereinbarungen die Milliardenzuschüsse gesetzlich verankert
wissen. Damit würden sie nämlich sicher gehen, dass das Geld auch
fließt. Unabhängig von Sparzwängen und Begehrlichkeiten, die im
Westen der Republik aufkommen könnten, weil durch die
Milliarden-Subventionen die Autobahnen in den neuen Ländern
mittlerweile Rennbahnen gleichen, während zwischen Castrop-Rauxel und
Gelsenkirchen die Straßen an Feldwege erinnern. Auch das wird
inzwischen zur Kenntnis genommen und spielt in der politischen
Debatte eine Rolle.
Doch das sind populistische Diskussionen, die den Standort
Deutschland und den Aufbau Ost nur zurückwerfen. Denn Deutschland
braucht die Investitionen in den neuen und in den alten Ländern. Eine
gute Infrastruktur ist Voraussetzung dafür. In Leipzig und Dresden
hat dies zu den Ansiedlungen von DHL, AMD, GSK und BMW geführt.
Bei allem darf dabei kein Verteilungskampf zwischen Ost und West
ausbrechen, geschürt durch billige Neidkampagnen. Wie gut nämlich
jeder in den neuen Ländern investierte Cent sein kann, zeigt das
Beispiel Sachsen: Zwischen 1991 und 2004 sind in den Freistaat 7,581
Milliarden Euro an GA- und EU-Mitteln geflossen. Dadurch entstanden
227 000 neue Arbeitsplätze und 231 000 wurden gesichert. Diese Zahlen
sprechen für sich.
Das ist der Ansatz, mit dem sich Tiefensee einen Namen machen kann.
Er, als verantwortlicher Bundesminister, muss strenger als sein
Vorgänger Manfred Stolpe über den richtigen Einsatz der Mittel
wachen. Denn mit Ausnahme Sachsens haben die anderen Länder die
Fördergelder auch zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht. Wenn
dies der Mann aus Leipzig stoppen würde, mit eisernem Willen und
Durchsetzungskraft, dann wäre viel gewonnen. Dafür braucht es keinen
Stein der Weisen, sondern nur politische Führungsqualität.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung