Rheinische Post: Klinsmann und die große Party
Archivmeldung vom 10.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTerror-Anschläge hat es nicht gegeben, Aufmärsche von Rechtsradikalen auch nicht. Die Stadien waren sicher, Hooligans nicht einmal eine Randerscheinung. Deutschlands Fußballer spielten so schwungvoll wie selten zuvor. Das ganze Land feierte ein Fest. Und sogar das Wetter war gut.
Deutschlands Bild ist kräftig nachkoloriert
worden in diesen vier Wochen Ausnahmezustand. Ein Land, das einen
Dritten feiert, wie es nicht mal die Weltmeister von 1974 und 1990
erlebt haben, kann so schlecht nicht sein, wie es sich selbst oft
genug gemacht hat. Schön.
Jürgen Klinsmann hat großen Anteil an dieser Entwicklung. Er hat die
Mannschaft mit seiner trotzigen Zuversicht angesteckt. Mit ihrem
Schwung hat die Mannschaft die Fans mitgerissen. Weltmeister ist sie
nicht geworden. Noch nicht. Aber Klinsmann hat den Glauben geweckt,
dass sie es werden kann. Ob sie es ohne ihn werden kann, ist eine
offene Frage. Ob Klinsmann den Weg mit ihr gehen will, eine andere.
Die unglaubliche Party an diesem Wochenende, diese Verehrung, die ihm
selbst ehemalige Kritiker kniefällig erwiesen, könnten ihn rühren und
zum Weitermachen bewegen. Sie könnten ihm aber auch sagen, dass keine
Steigerung mehr möglich ist. In den grauen Alltag zurückzufinden, ist
für Klinsmann so schwer wie für die Mannschaft. Gut möglich, dass der
DFB einen Erben suchen muss.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post