OV: Aufstieg und Fall der ersten "vierten Kraft"
Archivmeldung vom 18.04.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor 50 Jahren, am 15. April 1961, erlosch die Deutsche Partei (DP), die im Nachkriegsdeutschland und in den frühen Jahren der Bundesrepublik eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Dabei sollte dieser Tag einen Aufbruch zu neuen Ufern markieren, denn auf der Tagesordnung stand die Fusion der DP mit der Vertriebenenpartei GB/BHE zur Gesamtdeutschen Partei (GDP).
Diese erfolgte auch und mit der Wahl des eloquenten DP-Bundestagsabgeordneten Herbert Schneider-Bremerhaven zum Bundesvorsitzenden der neuen Partei schien eine tragfähige Basis für einen Neubeginn gelegt.
Das schien indessen nur so. Schon im Herbst 1961 bei der Bundestagswahl kam das Aus. Die GDP scheiterte an der Fünf-Prozentklausel des Wahlgesetzes und war damit von der politischen Bildfläche verschwunden. Damit hatten die Skeptiker vor allem in den Reihen der DP Recht behalten. Nach einem gewaltigen Aderlass 1960 waren neun der 15 DP-Bundestagsabgeordneten zur CDU übergetreten, darunter ihre beiden Bundesminister Hans-Joachim von Merkatz und Hans-Christoph Seebohm. Um den Parteichef Heinrich Hellwege wurde es einsam und auch seine große Autorität hatte nicht ausgereicht, die tiefen Gräben innerhalb der Partei zu begradigen.
Unter dem Namen Niedersächsische Landespartei (NLP) wurde die DHP 1945 gegründet. Ihr Vorsitzender wurde der 35-jährige selbstständige Kaufmann Heinrich Hellwege aus Neuenkirchen im Alten Land. Die ersten Wahlerfolge der Partei strahlten ab auf die norddeutschen Nachbarländer Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, wo sich bald Landesverbände der inzwischen in DP umbenannten Partei etablierten. Als schweres Handicap sollte sich für die DP der Umstand erweisen, dass sie einerseits über eine welfisch-nationale Kern-Mitgliederschaft in Niedersachsen verfügte und andererseits schon auf Grund ihres Namens eine starke Anziehungskraft auf weit rechts stehende und ehemals nationalsozialistische Wählerschichten ausübte. Zeit ihrer Existenz litt die DP unter den hieraus resultierenden Spannungen, obwohl die Partei unter Hellwege einen zweifelsfrei demokratischen Kurs steuerte. Zur ersten Bundestagswahl trat die DP in den vier norddeutschen Ländern an.
Bundesweit erreichte sie genau vier Prozent der Stimmen, zog aber mit 17 Sitzen ins Bonner Parlament ein. Das damalige Wahlrecht kannte die 5-Prozentklausel nur auf Landesebene. Konrad Adenauer hatte die DP von vornherein als dritten Partner seiner Regierung ausersehen und er brauchte deren 17 Stimmen auch exakt für die Kanzlermehrheit. Zwei Minister berief Adenauer in sein erstes Kabinett: Heinrich Hellwege als Bundesratsminister und Hans-Christoph Seebohm in das Verkehrsministerium. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen 1955 hatten sich CDU und DP auf Hellwege als gemeinsamen Ministerpräsidenten-Kandidaten geeinigt. Dieses Wahlziel wurde auch erreicht.
Vier Jahre war Hellwege Ministerpräsident. Die Wahl Hellweges markierte den Höhepunkt der kurzen DP-Geschichte, konnte aber den Abstieg der "vierten Partei" nicht einmal hinauszögern. Die gegen Hellweges Willen beschlossene Fusion mit dem BHE zur GDP wurde in einigen niedersächsischen Kreisen und im Landesverband Bremen nicht vollzogen. Ansonsten kümmerten die niedersächsischen Reste der DP als welfisch-hannoversche Folkloregruppen vor sich hin. Bis in die frühen neunziger Jahre gab es wiederholte und gescheiterte Versuche, aus den Resten der DP und anderen kleinen Rechtsparteien eine nationalkonservative Partei zu schmieden.
Quelle: Oldenburgische Volkszeitung