Rheinische Post: Steinbrücks Parforce-Ritt
Archivmeldung vom 01.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Finanzminister ist ein Mann der Exekutive. Er handelt rasch und umsichtig - am liebsten mit Hilfe hochkarätiger Fachleute und Partnern auf Augenhöhe.
So hat er gemeinsam mit der Kanzlerin in der Nacht von Samstag auf Sonntag ein Rettungspaket für den praktisch zahlungsunfähigen Bau- und Kommunal-Finanzierer Hypo Real Estate verabredet und sogar - anders als die Amerikaner in vergleichbaren Fällen - den Finanzsektor mit ins Boot bekommen. Das ist eine respektable Leistung. Und sie dürfte den Steuerzahler einstweilen billiger kommen als die von den Banken gewünschte Verstaatlichung der Hypo Real Estate oder gar eine Insolvenz. Zugleich steigt Steinbrück zum wichtigsten Krisenmanager Deutschlands auf. Die Kanzlerin lässt ihn gewähren. Wer so viel Macht anzieht, muss aber in einem demokratischen Staat mit offenen Karten spielen. Dabei hapert es beim Finanzminister. Am Donnerstag vergangener Woche pries Steinbrück morgens die Vorzüge des deutschen Finanzsystems. Spätestens nachmittags erfuhr er beim Bankengipfel von Risiko-Kandidaten, hielt aber die These des robusten deutschen Bankensektors über das Wochenende aufrecht. So streut er dem Publikum Sand in die Augen. Die über die Rettungsaktion missmutigen Parlamentarier sind zu Recht sauer.
Quelle: Rheinische Post