Leipziger Volkszeitung zu CDU-Parteitag
Archivmeldung vom 17.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGemessen an den großen Erwartungen hat der Parteitag der sächsischen Union ein ernüchterndes Ergebnis gebracht. Schonungslose Aufarbeitung der Affären der letzten Monate? Inhaltliche Weichenstellung für die Regierungsarbeit bis zur Wahl 2009? Von alldem war wenig bis nichts zu spüren.
Das Signal von Mittweida heißt: Weiter wie bisher. Die CDU
hat ihre Chance auf einen echten Neuanfang vertan.
Bezeichnend für die zerrissene Stimmung in der Union ist das Votum
für den Vorsitzenden. Knapp 74 Prozent bestätigten Georg Milbradt im
Amt, jeder vierte im Saal hatte ihm also im Schutz der anonymen Wahl
die Gefolgschaft verweigert. Dabei ging es um die Zukunft des
Regierungschefs des wirtschaftlich erfolgreichsten ostdeutschen
Bundeslandes. Am Ende sprachen die Delegierten ein Bewährungsurteil
aus.
Die Höchststrafe wurde Milbradt durch den Parteitag damit erspart,
alles unter 65 Prozent wäre ein Rücktrittsgrund gewesen. Mit
unabsehbaren Folgen für die Sachsen-Union und das Land. Er kann jetzt
unter Auflagen als CDU-Chef weitermachen. Das zumindest darf der
angeschlagene Ministerpräsident als Teilerfolg für sich verbuchen.
Das Ergebnis liefert allerdings auch seinen Gegnern Munition. Die
Lust an der Selbstzerfleischung ist in der Sachsen-CDU weiter groß.
Der Denkzettel für Steffen Flath, einen der Milbradt-Kronprinzen, der
bei der Vize-Wahl nur knapp 72 Prozent bekam, spricht Bände.
Generalsekretär Michael Kretschmer verließ dagegen als Sieger den
Parteitag, fast 83 Prozent votierten für ihn. Ein beachtliches Lob
für seinen Job auf schwierigem Posten.
Milbradts erste Bewährungsprobe steht mit der angekündigten
Kabinettsumbildung an. Erwartet wird ein überzeugender Wurf. Geht der
schief, werden die Heckenschützen wieder blank ziehen. Zum Parteitag
blieben sie in Deckung, Kritik wurde in Mittweida bevorzugt hinter
vorgehaltener Hand geübt. Die Aussprache mit drei
Milbradt-Schmeichlern und einem Querdenker, dem Leipziger Volker
Schimpff, war nur ein Feigenblatt. Auch das sagt viel über den
Zustand der Sachsen-CDU.
Dass Milbradt nicht mehr Stimmen bekam, dass er den unentschlossenen
Teil der Delegierten nicht noch mit einer packenden Rede auf seine
Seite ziehen konnte, muss sich der CDU-Chef selbst zuschreiben. Viel
Verstand, zu wenig Herz für die verunsicherte Basis.
Verfassungsschutz-Affäre, Landesbank-Desaster, die
ausländerfeindlichen Übergriffe in Mügeln: Das öffentliche Bild
Sachsens hatte zuletzt ruinöse Züge bekommen. Ursachen? Für den
Regierungschef liegen sie vorrangig bei den Extremen von links und
rechts, gepaart mit der Übertreibung einzelner Medien. Selbstkritik
klang nur dezent an, zu wenig um verlorenes Vertrauen zu gewinnen.
Darum muss es aber für Milbradt in den nächsten Monaten gehen.
Schafft er es nicht, diesen Bruch zu überwinden, wird es ganz eng für
ihn als CDU-Spitzenkandidat für 2009. Zumal mit Kanzleramtschef
Thomas de Maizière, der als Beisitzer knapp 82 Prozent erhielt, einer
der wenigen Gewinner von Mittweida weiter dezent auf seine Chance
lauert.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung