Neue Westfälische (Bielefeld): Atompolitik Absurd
Archivmeldung vom 16.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSchon in wenigen Wochen soll ein Konzept zur künftigen Atompolitik in Deutschland auf dem Tisch liegen. Vieles deutet darauf hin, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung den im Jahr 2000 zwischen Rot-Grün und den Energieversorgern geschlossenen Atomkonsens verändern wird. Die Laufzeiten der Meiler sollen verlängert werden. Da müsste die Atomindustrie doch jubeln, denn mit den alten abgeschriebenen Kernkraftwerken ließe sich prima Geld verdienen.
Doch das weiß auch die klamme Regierung und ist auf die Idee gekommen, sich die Laufzeitverlängerung bezahlen zu lassen. Damit begibt sie sich auf gefährliches Terrain. Denn eine an zwei Punkten für das Land existenzielle Frage wird nicht sachgerecht, sondern entlang der Geldnot des Finanzministers diskutiert. Wenn die technische Sicherheit von Atomkraftwerken samt Endlagerproblematik einerseits und die Sicherheit der Energieversorgung eines Industrielandes andererseits von der Kassenlage abhängig gemacht wird, ist Gefahr im Verzuge. Dabei wollen die vier Strommonopolisten am liebsten beides: längere Laufzeiten und nichts zahlen. Entsprechend ruppiger werden ihre Töne. Der Streit wird absurd. Jetzt drohen sie sogar, die Kraftwerke möglichst schnell abzuschalten (was sie ja eigentlich unbedingt zu verhindern gedenken). Damit wollen sie den Deutschen klarmachen, dass dann das Licht ausgeht. Denn die Bosse erwähnen hintersinnig, dass ohne die alten Meiler die nationale Stromversorgung gefährdet ist. Davon sollte sich die Regierung nicht ins Bockshorn jagen und die Bevölkerung nicht verunsichern lassen. Die abstruse Argumentation läuft ins Leere, weil die alten Reaktoren für die Versorgungssicherheit längst nicht mehr benötigt werden. Den Versorger-Chefs kann man nur sagen: Schaltet ruhig ab, dann fällt nicht mehr soviel Atommüll an.
Quelle: Neue Westfälische