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Sprinterqualitäten gefragt

Archivmeldung vom 14.04.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Mit Blick auf das Volumen ist die jüngste Transaktion des Walldorfer Softwarekonzerns SAP eher zu vernachlässigen. Rund eine halbe Milliarde Euro investiert der strategische Partner Dediq in das neu zu gründende Gemeinschaftsunternehmen FSI, in dem auf SAP-Technologie basierende spezia­lisierte Produkte für die Finanzindustrie entwickelt und vertrieben werden sollen. Bei Abschluss winkt SAP ein mittlerer zwei­stelliger Millionenertrag. Kaum der Rede wert für einen Konzern, der im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von mehr als 5 Mrd. Euro eingefahren hat.

Strategisch ist der Schritt dennoch ein bemerkenswerter und Teil des Paradigmenwechsels unter CEO Christian Klein. Dieser hält heute letztlich auch deshalb das Steuer in Händen, weil der Doppelspitze mit ihm und Co-Chefin Jennifer Morgan angesichts der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr 2020 nicht die nötige Entscheidungsgeschwindigkeit zugetraut wurde. Seit er allein an der Spitze steht, drückt der SAP-Chef aufs Tempo - bei der Migration der Kunden in die Cloud, dem Börsengang der Tochter Qualtrics und nun der Entwicklung des Angebots im Financial-Services-Sektor. SAP-CFO Luka Mucic und Matthias Tomann, geschäftsführender Partner von Dediq, betonen die höhere Agilität der Entwicklung neuer Softwareangebote für Banken und Versicherungen außerhalb des SAP-Konzerns.

Die Hoffnung ist, dass der größere strategische Spielraum eine Start-up-Atmosphäre schaffen kann. Denn SAP erzielt zwar fast ein Zehntel der Konzernerlöse mit der Finanzindustrie, die global so viel wie praktisch keine andere Branche in IT investiert. Das Gros davon geht aber auf generische Produkte zurück, wie Mucic erklärt. Mit spezialisierten Lösungen läuft es eher mau, kann man dieser Aussage auch entnehmen.

Bislang war das für SAP unkritisch. Viele Banken und Versicherungen zieren sich ohnehin, mit ihrem operativen Kerngeschäft in die Cloud zu gehen. Doch die Offenheit im traditionell vorsichtigen Finanzsektor wächst. Tomann erwartet eine dramatische Verschiebung der IT-Ausgaben in Richtung Cloud in den kommenden Jahren. Daher ist nun Geschwindigkeit gefragt. Und die nötigen Sprinterqualitäten sind bei kleineren Softwarehäusern häufiger anzutreffen als bei Großkonzernen. Für mehr Agilität nimmt der SAP-Vorstand um Klein in Kauf, an den Partner Kontrolle und einen Gutteil der Einnahmen abzugeben. Lieber einen kleinen Teil vom großen Preis als einen Trostpreis für sich allein, lautet wohl die Kalkulation.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Sebastian Schmid

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