Lausitzer Rundschau: Regierung wirbt im Bundestag für Tornado-Einsatz
Archivmeldung vom 01.03.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMan stelle sich vor: Deutsche Tornados entdecken eine Stellung der Taliban. Eine Kampfeinheit der Bundeswehr rückt aus. Es gibt heftige Gegenwehr, Granaten töten sechs Soldaten. Am Ende aber ist der Hügel genommen, sind 80 Gegner tot. Eine schreckliche Vision?
Sie ist Alltag für Amerikaner, Briten, Kanadier und Holländer im
Süden Afghanistans. Aber nicht für die Deutschen, die eines der
größten Truppenkontingente stellen. Die sich als Mittelmacht
verstehen und sich in aller Welt militärisch engagieren. Doch sie tun
es nach der Methode: Wasch' mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass.
Nicht, dass hier Kampfeinsätzen das Wort geredet werden soll.
Friedenssicherung und Wiederaufbau sind allemal besser. Wohl aber
muss energisch dem deutschen Selbstbetrug widersprochen werden, der
da lautet, man könne Militär schicken, aber das Kämpfen ausschließen.
Auch jetzt wieder, vor dem Bundestagsbeschluss über den Einsatz der
sechs Tornado-Aufklärungsjets, spricht der Verteidigungsminister nur
vom Schutz der Bevölkerung und vom Wiederaufbau. Man tut so, als sei
die Bundeswehr eine Art Technisches Hilfswerk mit einer Komponente
Eigensicherung. Kein Wort darüber, ob die Bilder der Tornados zur
Kriegsführung verwendet werden. Kein Wort darüber, wie groß die
Gefahr ist, dass es auch im Norden zu Konflikten kommt. Man ködert
die Zustimmung mit Beruhigungsargumenten. Ex-Verteidigungsminister
Peter Struck immerhin spricht von einem Kampfeinsatz in Afghanistan.
Aber auch er will dem Parlament kein klares Votum darüber zumuten.
Sein Vorschlag ist, die Mandate allgemeiner zu gestalten - also das
Kämpfen dadurch möglich zu machen, dass die Abgeordneten dieses Wort
nicht beschließen müssen.
Noch hat der deutsche Selbstbetrug immer funktioniert. Im Krieg gegen
Rest-Jugoslawien warf nur die Luftwaffe Bomben. Im Libanon mied man
den Bodeneinsatz und wich auf das Meer aus. In Afghanistan
konzentriert man sich auf den Wiederaufbau. Aber es ist klar, dass
diese Strategie an ihr Ende stoßen muss. Die Partner werden sie auf
Dauer nicht tolerieren. Aber auch die Gegner können sie jederzeit mit
Angriffen durchkreuzen, die sie bereits in Nord-Afghanistan
ankündigen. Heißt dann die Devise: Schnell weg hier? In der
Bundeswehr wächst die Sorge über die Bigotterie einer Politik, die
sich und den Bürgern die Konsequenzen ihrer Entscheidungen
vorenthält. Und die die militärische Führung wie die Soldaten
letztlich allein lässt, wenn es schwierig werden sollte.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau