Börsen-Zeitung: Ein ganz neues Spiel, Kommentar zur gescheiterten Techem-Übernahme von Walther Becker
Archivmeldung vom 03.02.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErfassung und Abrechnung von Energie und Wasser, das ist das Geschäft von Techem. Bei Erfassung und Abrechnung des Angebots für die Aktien des Konzerns, den Macquarie gemeinsam mit dem Finanzinvestor BC Partners übernehmen wollte, zeigt sich in dieser Form erstmals die Macht der Hedgefonds.
Diesmal winken diese den Deal
nicht gerade so durch, um anschließend richtig zu verdienen: Bei
Techem lassen sie erstmals eine Übernahme platzen. Damit wird das
M&A-Geschäft zu einem ganz neuen Spiel. Jeder Bieter muss von jetzt
an damit rechnen, dass er von Hedgefonds bezwungen wird.
Der Fall Techem geht schon insofern in die Annalen ein. Aber auch
wegen weiterer Besonderheiten. Es ist das erste Mal, dass ein
Finanzinvestor (Macquarie) gegen den Willen des Managements in den
Ring stieg; bisher gab es kein konkurrierendes Angebot, das
gleichzeitig eingereicht wurde. Dass die Rivalen sich im Verlauf
zusammentun, ist ebenfalls neu. Und ein solch grandioses Scheitern -
Macquarie erreicht ja nicht einmal die Marke von 50% - ist ebenfalls
ein Unikum.
Die Aktionäre haben den Ball an Vorstandschef Horst Enzelmüller
zurückgespielt. Das Management muss für die weiter börsennotierte
Gesellschaft liefern - zeigen, dass in den 55 Euro je Aktie, die
Macquarie offerierte, noch Luft bis jenseits der 60 ist. Der Markt
bestätigt die Fonds, denn nach dem Scheitern des Angebots hält sich
der Kurs. Die Übernahme ist geplatzt, die Fantasie bleibt. Das sorgt
für eine fragile Lage. Der Vorstand muss, statt gemeinsam mit
längerfristig orientierten Investoren Techem abseits der Börse
umzubauen, mit kurzfristig entscheidenden Hedgefonds im Nacken für
Kurssteigerung sorgen.
Welche Wette geht auf? Sinkt der Kurs, müssen die Hedgefonds, der
eigenen Logik folgend, nachkaufen. Macquarie macht mit ihren 27% ein
gutes Geschäft - vorausgesetzt, der "Exit" gelingt bei 50 Euro oder
mehr. Dann hätten sich die Hedgefonds verkalkuliert. Oder Macquarie
geht doch mit einer höheren Offerte erneut ins Rennen. BC Partners
indes kann ohne Einbuße kehrtmachen und sich dem zum Verkauf
stehenden Techem-Wettbewerber Ista widmen.
Wurde der Ruf nach Änderungen des Squeeze-out schon durch die Erfahrungen mit Celanese & Co. laut, so dürfte der Fall Techem Kritik daran auslösen, dass ein Angebot nur einmal verändert werden darf.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung