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Experten(un)wissen

Archivmeldung vom 15.12.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

So wie Deutschland in normalen Zeiten aus Millionen von Fußballtrainern besteht, gibt es in der Coronakrise scheinbar ebenso viele Gesundheits- und Wirtschaftsexperten. Zu schnell, zu langsam, zu weitgreifend, nicht genug - so schallt es der Regierung aus vielen Lagern entgegen. Nun ist klar, dass das öffentliche Leben - vorerst - bis zum 10. Januar weitgehend lahmgelegt ist. Statt Lockdown in Salamitaktik, die nur für Frust sorgt, wäre eine frühere Entscheidung besser gewesen.

Denn wichtig ist nicht nur, die Wirtschaft mittels der erweiterten Coronahilfen in Gang zu halten. Der harte Lockdown drückt immerhin die tägliche Wertschöpfung um schätzungsweise 4 Prozent. Es wird Zeit, eine annähernd realistische Perspektive aufzuzeigen, anhand derer Firmen und Verbraucher Konsum- und Investitionsentscheidungen treffen können. Nur so kann dem unausweichlich anstehenden Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im laufenden Quartal und im Startabschnitt 2021 - was der Definition einer technischen Rezession entspricht - die von Ökonomen prophezeite relativ zügige Aufwärtsbewegung folgen.

Neben den Erfahrungen aus dem ersten harten Lockdown im Frühjahr gibt es für eine Erholung weitere Argumente. So wird erwartet, dass der private Verbraucher die mangels Alternativen angesammelten, üppigen Sparguthaben zu einem Gutteil ausgibt und sich so ein Konsumboom entfaltet. Der Wegfall des Solidaritätszuschlags für die meisten Steuerzahler und ein höheres Kindergeld dürften ebenfalls für Schub sorgen. Die mit Neujahr auf den Normalsatz zurückfallende Mehrwertsteuer bremst dagegen ebenso wie zunehmende Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz. Die Kurzarbeit legt wieder zu, und noch ist unklar, wie viele Jobs verloren gehen, sobald die auch im Januar ausgesetzte Insolvenzantragspflicht wieder greift. Ganz zu schweigen von den Zombieunternehmen, die trotz eines nicht tragfähigen Geschäftsmodells durch die Coronahilfen künstlich am Leben gehalten werden.

Die Industrie wiederum profitiert nicht nur davon, dass aktuell kaum Bänder stillstehen und die Lieferketten wieder intakt sind. Auch steht zu erwarten, dass sich die Weltwirtschaft erholt - Asien, insbesondere China, ist zurück auf Wachstumskurs. Mit der steigenden Nachfrage sollten die Unternehmensinvestitionen in Gang kommen - sofern nicht doch der Schuldenabbau jegliche Investitionsfantasien erstickt. Mit diesen widersprüchlichen Konjunktursignalen sollten sich die (selbst ernannten) Experten genauer auseinandersetzen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Alexandra Baude

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