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Leipziger Volkszeitung zu US-Vorwahlen

Archivmeldung vom 10.01.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Obama triumphiert - Clinton am Ende: Es hätte so schön einfach sein können für Wahlstrategen, Politik-Forscher und natürlich auch für Zeitungskommentatoren. Doch Bushs düstere Rezessionswarnung und ein theaterreifes Tränenrührstück der entnervten Hillary reichten für die Wende in New Hampshire.

Nun heißt es wie bei Mensch ärgere dich nicht: Zurück auf Anfang. Neue Hoffnung können auch die Republikaner schöpfen. Erstens wegen der auferstandenen Strahlefrau, die zwischen Seattle und Miami meist nur zwei Gefühlsregungen auslöst: Man liebt oder hasst sie. Gegen Hillary und den umstrittenen Clinton-Clan ließe sich weitaus leichter Wahlkampf führen, als gegen den unberechenbaren Menschenfischer Obama. Den zweiten Grund zum Jubel liefert ein anderer Totgesagter: Mack is back, McCain ist zurück. Dies ist die eigentliche Überraschung. Der bereits abgeschriebene Vietnam-Kriegsveteran John McCain spielt wieder mit - und das in einem republikanischen Kandidaten-Roulette der Merkwürdigkeiten. Vom Baptistenprediger und Freizeit-Rocker Mike Huckabee bis zum New Yorker Gangster-Schreck und scheidungsbedingten Rosenkrieger Rudolph Giuliani haben die Wähler hier tatsächlich die Qual der Wahl. Zu allem Überfluss wartet Milliardär Michael Bloomberg auf Republikaner-Ausrutscher. Wenn der Selfmademan antritt, dann nicht mit der Absicht, eine Milliarde Wahlkampf-Dollar aus seiner Privatschatulle nutzlos zu versenken. Bloomberg als Unabhängiger wäre der Joker in einem heillos verworrenen Kandidaten-Poker. So spannend das Rennen bei den Republikanern auch ist: Im Fokus steht das heiße Demokraten-Duell Obama-Clinton. Spät, aber offenbar nicht zu spät hat die vor Ehrgeiz strotzende Ex-First-Lady ihre Strategie auf den Kopf gestellt. Setzte sie bislang auf den Habitus der kühlen Macherin mit Yale-Bestnoten und früherem Wohnsitz im Weißen Haus, so entdeckt sie nun den Reiz des emotionsbeladenen Neuanfangs. Für den steht eigentlich der rhetorisch begnadete Manuskript-Vorleser aus Illinois. Doch Obamas Trumpf ist zugleich sein Makel: Wenn der Wind rauer bläst, halten ihn viele US-Wähler doch für ein unbedarftes Leichtgewicht. Zwischen Rezessions-Wolken und Irak-Krieg-Blessuren scheint die Machtfabrik Clinton mit ihrem weit verzweigten Netzwerk die Nummer Sicher zu sein. Allerdings wird leicht übersehen, dass der wirtschaftliche Aufschwung der 90er Jahre kein Bill-Boom war. Auf der Welle der weltweiten IT-Euphorie segelte Clinton lediglich mit. Als die Blase platzte, steckte der umtriebige Praktikantin-Betreuer längst tief im Ehe- und Wortbruch-Strudel. Monica-Gate ließ kaum noch Spielraum für Reformen. Und Hillary erlitt bei ihren politischen First-Lady-Ausflügen gänzlich Schiffbruch. So wurde die auf ihr Betreiben groß ausgerufene Gesundheitsreform bald wieder abgeblasen. Deshalb bleiben die US-Vorwahlen ein Würfelspiel mit offenem Ausgang. Die neu entdeckte Liebe der Wähler zu der privat so bitter betrogenen Hillary kann sich schon bald als kurzlebiger Honeymoon entpuppen. Auch nach einer Hochzeitsreise zerplatzen rosarote Träume manchmal schneller, als es vielen lieb ist.

Quelle: Leipziger Volkszeitung

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