Neue OZ: Weichgeklopft
Archivmeldung vom 30.06.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMahnungen, Drohungen, Erpressungen, Kompromisse in letzter Minute, Abstimmungen zu später Stunde: Der EU-Gipfel und die Beratung des Hilfsfonds ESM und des Fiskalpakts im Bundestag waren alles - nur nicht langweilig. Eine spannende Frage bleibt trotzdem: Nutzt all das dem Euro? Oder sind die Europäer auf einem Irrweg?
Bedingt positiv ist der Wachstumspakt. Zwar handelt es sich streng genommen um eine Mogelpackung, die viele ohnehin schon geplante Investitionen enthält. Aber immerhin: Die Europäer sprechen nicht mehr nur vom Sparen, sondern senden zugleich ein Konjunktursignal.
Problematischer erscheint die Lockerung der Regeln für Schuldenstaaten. Wer Banken direkte Hilfen gewährt, entlastet damit zwar die Etats der Krisenländer. Doch letztlich droht eine Vergemeinschaftung von Schulden, vornehmlich wohl zulasten der Steuerzahler in Deutschland.
Schon dies zeigt: Der Preis für die Euro-Rettung ist hoch. Und er wird noch steigen. Denn der ESM ist unbefristet. Das wirkt einerseits beruhigend, weil er eine Brandmauer darstellt. Andererseits könnte er sich als Sprengsatz erweisen: dann, wenn Vertrauen missbraucht wird und Kontrollen aufgeweicht werden. Angela Merkel hat recht, wenn sie auf Gegenleistungen für Hilfen pocht. Doch muss sie auch danach handeln. In Brüssel hat sie sich weichklopfen lassen und keine gute Figur gemacht. Sie ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)