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WAZ: Rot-Grün fasst langsam Tritt

Archivmeldung vom 09.05.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.05.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die gute Nachricht vorweg: Den Bürgern in NRW bleibt der fünfte Wahlgang binnen zwei Jahren wohl erspart. Ein Jahr nach der Landtagswahl vom 9. Mai 2010 sieht es nicht mehr danach aus, als würden SPD und Grüne, die im Landtag ohne eigene Mehrheit regieren, vorzeitige Neuwahlen anstreben. Auch CDU und FDP winken angesichts wenig ermutigender Umfragezahlen ab. Eine gute Nachricht ist dies deshalb, weil es zum jetzigen Zeitpunkt keine sachlichen politischen Gründe für Neuwahlen gäbe. Es ginge allein um machtpolitisches Kalkül. Und für taktische Spielchen sind Wahlen nicht da.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat sich schwer getan mit dem Einstieg in die Minderheitsregierung. Die SPD-Frau, die ja erst von den Grünen zu dem Experiment gedrängt werden musste, setzte zu Anfang einseitig auf eine extrem hohe Neuverschuldung, um Wahlversprechen wie kostenlose Kitas finanzieren zu können. Einseitig deshalb, weil sie es versäumte, die Schuldenaufnahme mit klaren Sparsignalen zu flankieren. Diesen Fehler hat Kraft inzwischen korrigiert - dass ihr dabei deutlich steigende Steuereinnahmen in die Karten spielen, er-leichtert ihr das Regieren erheblich. Das könnte sich ändern, wenn das Fiasko mit der WestLB in die Milliarden gehen sollte.

Eine politische Rechnung Krafts ist nicht aufgegangen. Die von ihr ausgerufene "Koalition der Einladung" findet kaum Zuspruch. Die Spekulation, CDU oder FDP für einzelne Gesetze als Mehrheitsbeschaffer für die Minderheitsregierung zu gewinnen, erfüllte sich kaum einmal. So stützt sich Rot-Grün vor allem auf die Linkspartei, die der Regierung in allen wichtigen Vorhaben zur Mehrheit verhilft. Die Linken ihrerseits machen vor allem mit Drohgebärden gegen die Regierung von sich reden. Letztlich lenken sie, wie bei ihrer Forderung nach einer noch schnelleren Abschaffung der Studiengebühren, doch ein. Denn das Drohpotenzial ist begrenzt. Sollten sie Rot-Grün die Unterstützung entziehen und Neuwahlen erzwingen, müssten sie den Umfragen zufolge damit rechnen, nicht wieder in den Landtag einzuziehen.

Fazit: Obwohl ohne eigene Mehrheit, fasst Rot-Grün langsam Tritt. Gefahren lauern weniger bei der Opposition als in der fragilen NRW-Finanzlage. Mit baldigen Neuwahlen ist nicht zu rechnen. Regierungschefin Kraft arbeitet noch an ihrem Amtsbonus. Gut denkbar, dass sie den Termin der Bundestagswahl 2013 nutzt, um auch in NRW neu wählen zu lassen.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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