Westdeutsche Zeitung: Gazprom
Archivmeldung vom 12.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Zeichen sind nicht zu übersehen: Der russische Staatskonzern Gazprom drängt mit Macht nach Deutschland. Die Lenker des Konzerns und ihr Väterchen im Kreml, Wladimir Putin, wollen sich in Westeuropa vom Gaslieferanten zum Energieerzeuger mausern. Das ist offensichtlich, seit Gazprom als Trikotsponsor den Bundesligisten Schalke 04 füttert.
Nun hat Gazprom-Vize Alexander Medwedew auch öffentlich klargestellt, dass die Russen mit dem Bau von Gaskraftwerken an den Endpunkten der Ostseepipeline den Einstieg in den deutschen Strommarkt suchen.
Dieses Projekt wird die deutsche Politk den Russen kaum verwehren
können. Die Gaskraftwerke sind offenbar als Gemeinschaftsprojekte von
Eon und Gazprom geplant. Zuvor hatte der Kreml dem Düsseldorfer
Energiekonzern, der seit geraumer Zeit 6,5 Prozent der Gazprom-Aktien
hält, den Stromversorger OGK-4 zugeschustert und damit Eon den
Einstieg in den russischen Strommarkt eröffnet.
Die Russen sind also geschickt in Vorleistung getreten. Nun bereitet
Eon-Chef Wulf Bernotat einem stärkeren Engagament der Russen in
Deutschland den Boden, wenn er erst jüngst im Interview mit unserer
Zeitung vor einer Verteufelung seines Partners gewarnt hat: "Gazprom
ist kein Schreckgespenst".
So einfach lassen sich die Vorbehalte gegen den Moskauer
Staatskonzern freilich nicht vom Tisch wischen. Die deutschen
Energiekonzerne müssen aufpassen, dass Gazprom nicht eines Tages sie
selbst schlucken könnte. Und solange der russische Präsident seine
neue Außenpolitik der Stärke auf das Folterinstrument der Gasexporte
gründet, kann die Bundesregierung nicht einfach zuschauen, wie sich
Gazprom in den deutschen Energiemarkt einschleicht. Ob der Kreml es
jemals wagen würde, auch Deutschland mit dem Zudrehen des Gashahns zu
drohen, oder ob er weiterhin nur die ehemaligen Sowjet-Vasallen in
Osteuropa wieder gefügig machen will, ist dabei nicht entscheidend.
Die Bundesregierung muss aufpassen, dass sich Gazprom nicht
scheibchenweise den deutschen Energiemarkt aufrollt. Nur wenn auch
der russische Energiemarkt vom Staat entkoppelt und für europäische
Anbieter frei zugänglich wird, darf die Tür für Gazprom geöffnet
werden.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung