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Berliner Morgenpost: Die Eltern werden den Senat zur Vernunft zwingen

Archivmeldung vom 08.04.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.04.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Für ihre Bildungspolitik bekommt die rot-rote Berliner Koalition allen Bemühungen zum Trotz von den Wählern bisher keine guten Noten. Da bringen SPD und Linke eine umfangreiche Schulreform auf den Weg, statten die Schulen besser aus, bekämpfen mit frischen Lehrkräften den Unterrichtsausfall, sanieren mit Millionen vom Bund Schulgebäude und Kindertagesstätten, aber beim Volk verfangen alle diese Bemühungen nicht.

Die Menschen beurteilen die Arbeit des Bildungssenators Jürgen Zöllner (SPD) deutlich negativ. Sollte es jetzt auch noch in den kommenden Monaten beim Aufbau der neuen Sekundarschulen zu den erwartbaren praktischen Problemen kommen, bangen nicht wenige im rot-roten Lager um die Wahlchancen 2011. Was Rot-Rot falsch macht in der Bildungspolitik, ist exemplarisch am Streit über die Schulhorte zu besichtigen. Dass es dort eine Lücke gibt, leuchtet jedem ein, der Missstand ist offensichtlich. Kinder bis zur 4. Klasse dürfen nachmittags in den Hort. Schüler ab der fünften Klasse nicht mehr. In der Oberschule ab der siebten Klasse werden die Kinder wieder ganztags betreut. Aber im sensiblen Alter zwischen zehn, elf, zwölf Jahren lässt die Berliner Bildungsverwaltung die Kinder einfach ab mittags auf der Straße herumlungern, wenn ihre Eltern arbeiten gehen. Natürlich können die meisten Elfjährigen alleine nach Hause gehen, können U-Bahn fahren und den Türschlüssel bedienen. Die Hort-Lücke ist nicht unbedingt ein pädagogisches. Aber ohne Not setzt die Verwaltung die Eltern der älteren Grundschulkinder unter Druck, etwas für die Nachmittage organisieren zu müssen. Kein Wunder, dass viele den Eindruck haben, die Schulverwaltung lasse sie wieder einmal im Stich. Jetzt blasen die Eltern also erneut zum Volksbegehren, um notwendige Verbesserungen im Bildungswesen durchzusetzen. Der Erfolg im Kampf um mehr Erzieher für die Kitas hat Mut gemacht. Unter dem Eindruck von Zigtausenden von Unterschriften und einem Urteil des Landesverfassungsgerichts mussten die "Bildung hat Priorität"-Politiker reagieren und den von niemandem bestrittenen Missstand auch mit mehr Geld angehen. Plötzlich ließen sich 84 Millionen Euro für bessere Kitas auftreiben. Auch jetzt läuft es ähnlich: Bisher haben die Koalitionsfraktionen Forderungen der Opposition nach einem Schließen der Hort-Lücke stets abgelehnt. Kein Geld. Aber die Forderung, auch Fünft- und Sechstklässler nachmittags zu betreuen, sei natürlich berechtigt, sagen alle, vom Bildungssenator bis zu den Fachpolitikern. Nun machen die Eltern Druck. Warum sollen sie auch einen offenkundigen Missstand zwei oder drei weitere Jahre hinnehmen, bis ein neuer Haushalt verabschiedet wird und ihr Anliegen sich dort wiederfindet? Die Hort-Lücke wird geschlossen werden. Früher oder später. Aber SPD und Linke werden als Verhinderer und Blockierer dastehen. Selber schuld, weil sie über all den großen Bildungsreformen die lebenspraktischen Anliegen der Eltern ignorieren.

Quelle: Berliner Morgenpost

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