Offener Brief: Belgische Rissereaktoren bleiben brandgefährlich
Archivmeldung vom 04.08.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAus Sicht zahlreicher Initiativen und Verbände gibt es bezüglich der belgischen Rissereaktoren Tihange 2 und Doel 3 keinerlei Grund zur Entwarnung. In einem Offenen Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze und die MinisterpräsidentInnen von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stellen sie fest, dass es sich bei der zuletzt von der Reaktor-Sicherheitskommission(RSK) vorgelegten Stellungnahme um keinen Sicherheitsnachweis handelt.
Die aktuelle Stellungnahme der RSK, so heben die UnterzeichnerInnen
hervor, trifft keine Aussage über die Unbedenklichkeit der Risse in den
Druckbehältern der Reaktoren. Weiterhin bleiben diesbezüglich zahlreiche
Fragen offen.
In einer Pressekonferenz am 9. Juli erklärte ein Sprecher des
Bundesumweltministeriums (BMU), dass „die Risse die Sicherheit der
Meiler [Tihange 2 und Doel 3] nicht beeinträchtigen“. Ein
weiterer hochrangiger Vertreter des BMU wird in den Medien zitiert, die
Bundesregierung sehe nun „keine Handhabe mehr“, gegen den
Betrieb der umstrittenen Meiler vorzugehen. In einem Hintergrundgespräch
mit Angehörigen von Initiativen und Verbänden am 2. August vertraten
Vertreter des BMU jedoch die Auffassung, dass die RSK-Stellungnahme kein
allumfassender Sicherheitsnachweis sei, sondern eine
Plausibilitätsprüfung, bei der mindestens eine Frage offen bleibe. Dass
sie trotzdem auf dieser Grundlage die Risse für unbedenklich erklären,
ist nicht nachvollziehbar. Das Motto des BMU scheint hier zu sein:
Offene Punkte verharmlosen und Reaktoren gesundbeten.
In ihrem Offenen Brief weisen die UnterzeichnerInnen im Weiteren darauf
hin, dass sich mehrere Mitglieder der RSK und ihrer Ausschüsse aufgrund
ihrer Tätigkeit in Unternehmen der Atomindustrie in einem
Interessenskonflikt befinden. Diese Befangenheitsprobleme – so
kritisieren sie – wurden bislang jedoch von Seiten des
Bundesumweltministeriums nicht angegangen. Offensichtlich besteht hier
ein Aufsichtsproblem, was von Seiten des BMU bewusst ignoriert wird –
dies zeigte sich auch im Gespräch.
Die Initiativen und Verbände fordern die Regierungen von Bund und
Ländern zu einem Neuanfang bei der Begutachtung der Sicherheitsprobleme
von Tihange 2 und Doel 3 auf. Dabei müssen sie die Analyseergebnisse der
internationalen ExpertInnengruppe (INRAG) in die Bewertung der Situation
einbeziehen und tatsächlich unabhängige WissenschaftlerInnen mit der
Begutachtung beauftragen. Unabhängig davon müsse auch die
Reaktor-Sicherheitskommission personell neu ausgerichtet werden und so
den Befangenheitsproblemen begegnen. Die Bundesregierung muss sich für
die Stilllegung der Atomfabriken in Gronau (Westfalen) und Lingen
(Niedersachsen) und damit für den Stopp der Lieferungen von
Brennelementen aus Deutschland an die Reaktoren in Belgien einsetzen.
Den offenen Brief finden sie hier:
http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Downloads/01_Themen/01_Radioaktivitaet/Offener_Brief_Tihange.pdf
UnterzeichnerInnen des Briefs sind die Antiatom-Organisation ausgestrahlt, das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, AntiAtom Bonn, der Arbeitskreis Umwelt Schüttdorf, die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow- Dannenberg e.V., der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V., IPPNW Deutschland Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in Sozialer Verantwortung, der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU), Landesverband Nordrhein-Westfalen, Robin Wood e.V., SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, Stop Tihange Deutschland e.V. und das Umweltinstitut München e.V.
Hintergrund:
Anfang Juli veröffentlichte die Reaktor-Sicherheitskommission eine Stellungnahme vom 23.5.2018 zu den belgischen Atomkraftwerke Doel 3 und Tihange 2.
http://www.rskonline.de/sites/default/files/reports/epanlagersk503hp.pdf
Quelle: Stop Tihange Deutschland e.V.