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WAZ: Manager-Karussell: Neue alte Deutschland AG

Archivmeldung vom 21.04.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.04.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Deutschland AG ist tot, es lebe die Deutschland AG. Das Wechselspiel der Industriekapitäne - Heinrich von Pierer geht, Gerhard Cromme kommt, Werner Müller in die Kohle-Stiftung - sagt mehr über die Verfassung der Wirtschaft aus, als die Personalien auf dem Papier vermuten lassen.

Mit von Pierer verlässt eine herausragende Manager-Persönlichkeit die Brücke. Mit dem Franken geht einer, der groß geworden ist in einer Zeit, als die gegenseitige Verflechtung der Konzerne eine Art Kuschel-Kapitalismus schuf. Das soll die Leistung des Managers nicht schmälern, gleichwohl ist der Nimbus von Siemens auf einem Fundament gewachsen, das die heutige Telekom gegossen hat: Siemens als Telefon-Hersteller der Nation. Und als von Pierer Aufsichtsratschef wurde, hat kaum einer eine kritische Frage darüber verloren, ob es denn richtig sein kann, dass einer als oberster Kontrolleur auch seine eigenen Altlasten kontrolliert. Tragisch, dass der Mann sich auch noch am Sessel festklammerte, als die Altlasten zu riechen begannen. Heute ist die Debatte weiter. Auch dank Gerhard Cromme, ein untadeliger Manager, der sich für Regeln in ordentlicher Unternehmensführung und anständigem Verhalten gegenüber Aktionären stark gemacht hat.

Allerdings scheint diese Anständigkeit nicht mehr allzu beliebt zu sein. Die deutsche Wirtschaft ist eine andere geworden, seitdem die rot-grüne Regierung den Konzernen erlaubte, ihr zig Milliarden schweres Beteiligungsgeflecht steuerfrei aufzulösen. Damit riss Berlin den Schutzwall ein, der um die Deutschland AG gezogen war. Weiland konnten die Bosse ruhiger schlafen, als ihre größten Kunden oder Kreditgeber zugleich Anteilseigner waren. Heute sind die Aktien auf dem Markt und ein gern gesehenes Fressen für so manchen privat gespeisten Fonds, zuweilen auch solche, die auf münteferingisch Heuschrecke heißen. Die Chefetagen sind globalisiert, Manager müssen schneller rennen, ihre Vertragslaufzeiten sinken, die Renditeansprüche steigen. Im Mittelstand hat es schlimme Auswüchse gegeben. Den großen Aktiengesellschaften hat die Zugluft bisher nicht geschadet. So mancher Manager wünscht sich nun gleichwohl die alte Deutschland AG zurück.

Bei Thyssen-Krupp wehrt die Stiftung Angriffe ab, bei der neuen RAG wird die Konstruktion ähnlich sein. Wobei hier der Staat ein Wörtchen mitredet. Das birgt Gefahren. Wer im großen Spiel um angelsächsische Milliarden mitspielen will, der muss die Regeln akzeptieren. Tut er das nicht, ist er auf Dauer als Partner unattraktiv.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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