Neues Deutschland: zur Diskussion um die USA-Raketenpläne
Archivmeldung vom 05.06.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlSeit das »Vorfeld« seuchenhaft für die Bezeichnung jeder beliebigen Frist vor einem Ereignis benutzt wird, scheint seine vormalige Bedeutung in Vergessenheit geraten zu sein. Eigentlich ist »Vorfeld« nämlich ein militärischer Begriff, der den Raum zwischen den Stellungen von Kriegsparteien meint. Wer jetzt das »Vorfeld von Heiligendamm« bemüht, sollte um des Verständnisses willen erläutern, welchen Sinn er in das Wort legt, denn manche G8-Größen treten schon arg kriegerisch auf.
Wobei der eine sich als Friedens-engel gibt, um den anderen als Krieger anzuschwärzen: »Wladimir, du sollst keine Angst haben vor einem Raketenabwehrsystem«, rief George Bush in Prag seinem russischen Kollegen zu. Der Kalte Krieg sei doch beendet! Was Putin nicht recht glaubt, denn er sieht sein Land - entgegen einstigen Zusagen der Gegenseite - von immer mehr US-amerikanischen Stützpunkten eingekreist. Und will es nicht tatenlos hinnehmen: Wenn die USA einen Teil ihres strategischen Atompotenzials nahe russischen Grenzen in Europa aufstellen, warnte er, müsse man das ins Visier der eigenen Waffen nehmen. Natürlich beunruhigt solche Logik die Europäer. Soll sie wohl auch. Aber die Warnung als unprovozierte Kriegserklärung darzustellen und sich »sehr überrascht« zu geben ist entweder naiv oder dreist. Der Gipfel in Heiligendamm bekäme einen Sinn, wenn das Wettrüsten, das sich in seinem »Vorfeld« abzeichnet, gestoppt würde. Die Hoffnung ist leider gering.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland