WAZ: Eine verpasste Chance
Archivmeldung vom 07.01.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Partei kann einen angeschossenen Parteichef nur stützen oder stürzen. Da Guido Westerwelles Rivalen nicht einmal wissen, ob es gut für sie wäre, ihn zu stürzen, hat die Partei sich entschlossen, ihn zu stützen. Das hält aber nur bis zu den Wahlen in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg. Mit diesem Ergebnis konnte man rechnen. Überraschend ist, dass Westerwelle gestern nicht mehr für sich herausholte.
Ein Signal über den Tag hinaus wäre möglich gewesen. Und wie? Das Steuersenkungsversprechen vor der Wahl war ebenso ein Fehler wie der Hotelsteuer-Erlass danach. Hätte Westerwelle diese Irrtümer zugegeben, er wäre sympathisch und souverän über die Rampe gekommen. Mit seiner Augen-zu-und-Durch-Rede hat er den Eindruck des Abgehobenseins bestätigt. Interessant: Gegen Westerwelles Selbstgewissheit setzte Generalsekretär Lindner punktgenau die Empfehlung, dem Bürger mehr zuzuhören.
Das eigentliche Problem der FDP weist weit über Personalfragen hinaus. Was ist nach der Erfahrung des gescheiterten entfesselten Finanz-Kapitalismus noch liberal? Was bedeutet ein liberaler Umgang mit dem Islam? Dazu hörte man gestern: Nichts.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung