WAZ: Politiker zum Mieten
Archivmeldung vom 24.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBis zur Rücktrittsforderung reicht die Empörung über das Angebot aus der NRW-CDU an Parteitags-Sponsoren, gegen Geld ein Treffen mit dem Regierungschef zu arrangieren. Zu den schärfsten Kritikern zählt die SPD. Ob sie das durchhalten kann?
Jetzt deuten Dokumente zumindest beim SPD-Parteitag in Halle auf eine ähnliche Praxis hin. Zwar wird für einen Besuch von SPD-Spitzen wie dem damaligen Außenminister Steinmeier und Landesparteichefin Kraft am Stand kein Extrageld verlangt - aber die Visite ist im Standgeld enthalten. Das relativiert die Attacken gegen die Rüttgers-Union enorm: Wo ist noch ein großer Unterschied, wenn Geld für Einunddasselbe verlangt wird: hier extra, dort all inclusive? Wenn aber derartige Methoden üblich sind, stellen sich Fragen, die grundsätzlicher sind als hyperventilierendes Wahlkampfgekrähe: Werden Mandatsträger, die Staat und Gemeinwohl verpflichtet sind, zur marktgängigen Ware; Rang und Exklusivität regeln den Preis? Wird sich künftig der Eindruck bestätigen, Gehör bei Regierenden/Oppositionsspitzen findet nur, wer auch das nötige Geld dafür hat? Wäre es so, wäre es ein fatales Zeichen von Dekadenz der Demokratie.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung