Neue OZ: Kommentar zu Berlusconi
Archivmeldung vom 27.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWann ist in der westlichen Demokratie ein Regierungschef seinem Amt moralisch nicht gewachsen? Ganz sicher, wenn er es aufgrund persönlicher Verfehlungen beschädigt oder nur eingeschränkt ausfüllen kann - vor allem, wenn er die Bürger belügt.
Silvio Berlusconi steht in der Gefahr, mindestens eines, womöglich alle dieser Kriterien zu erfüllen. Denn die dem italienischen Regierungschef von seiner Ehefrau und von seriösen Medien unterstellte Liebesbeziehung zu einer Minderjährigen wächst sich zum immer größeren Politikum aus. Schuld daran hat Berlusconi.
Er bleibt seit nunmehr drei Wochen eine entkräftende, beweisbare Erklärung schuldig. Schickt die Familie des Mädchens zu seiner Verteidigung vor, die sich allerdings wie er selbst permanent in Widersprüche verstrickt. Hat mehr mit Krisenmanagement als mit Regieren zu tun, während auch Italien einem gigantischen Neuschuldenrekord entgegentaumelt, die Wirtschaft in den Fugen ächzt.
Die Opposition kann ihm trotzdem nichts anhaben. Zu klar sind die Machtverhältnisse. Aber damit ist Berlusconi noch nicht aus dem Schneider. Auch ein Bettino Craxi, ein Hans-Georg Filbinger, ein Richard Nixon hielten sich dereinst für unantastbar. Und wurden letztlich doch von einer demokratischen Öffentlichkeit gewogen, moralisch für zu leicht befunden und politisch in die Wüste geschickt.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung