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Archivmeldung vom 23.09.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.09.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Die Bundesregierung hat riesengroße Angst, dass der ganze Energiemarkt auseinanderfliegt. Damit das nicht geschieht, hagelt es Milliardenhilfen in schneller Folge. Gerade erst ist Deutschlands größter Gasimporteur Uniper mit einem Hilfspaket von fast 30 Mrd. Euro vor der Insolvenz gerettet worden. Die Verstaatlichung der ehemaligen Gazprom-Tochter Sefe steht bevor und die des Leipziger Gashändlers VNG, einer Tochter des baden-württembergischen Energiekonzerns EnBW, ist möglich. Die drei zusammen stehen für 80 % der Gasimporte.

Damit nicht genug: Die Bundesregierung plant nun Hilfen für die durch die Energiekostenexplosion unter Druck geratenen Regionalversorger und Stadtwerke. Das Paket könnte noch größer ausfallen als bei Uniper. Damit käme es in dieselbe Größenordnung wie der Rüstungshaushalt. Es geht um Liquiditätshilfen für den Gaseinkauf. Wer zur Lieferung 2023 einkaufen will, muss dafür immer höhere Sicherheiten hinterlegen, weil die Preise hochschießen.

Dass die Bundesregierung an dieser Stelle nicht am Geld spart, um den Zusammenbruch des Systems auszuschließen, ist vollkommen richtig. Die Stadtwerke stellen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen mit 67 % der Gas- und 62 % der Stromerzeugung den Löwenanteil der Versorgung des Landes sicher. Weil den Stadtwerken oft schon jetzt die Liquidität mangelt, die sie bräuchten, um bei den am Terminmarkt abgesicherten Energieliefergeschäften die verlangten Sicherheiten zu hinterlegen, bieten sie mittelständischen Kunden oft schon nur noch kurz laufende Verträge für einige Monate an. Das ist wirklich dramatisch. Denn in dieser Situation wird kein Mittelständler mehr hierzulande in neue Anlagen für energieintensive Produktion investieren, wenn er gar nicht berechnen kann, wie hoch die Kosten sind, die in den kommenden Jahren für Energie auf ihn zukommen. Zudem werden viele Kunden der Stadtwerke bald nicht mehr zahlen können. Noch steigen die Ausfallraten nicht, aber wenn die Preise so bleiben, wird die Quote hochgehen.

Wie dringend die Liquiditätshilfe zum Gaseinkauf für die Stadtwerke ist, ließ sich bereits in Österreich beobachten. Im August war bekannt geworden, dass Wien Energie, Versorger für zwei Millionen Kunden in der Hauptstadt, einen ungewöhnlich hohen finanziellen Engpass nicht aus eigener Kraft decken konnte - und kurzfristig beim Bund um Hilfe gebeten hatte. Angesichts der immensen Preissprünge am Gas- und Strommarkt forderte der Konzern zur Absicherung von Energiekäufen an der Börse bis zu 10 Mrd. Euro.

Auch in Deutschland wächst der Bedarf an solchen Liquiditätshilfen täglich. Schon im April schnürte die Bundesregierung ein Finanzhilfepaket für Unternehmen, die unter den Folgen des Krieges und den Wirtschaftssanktionen gegen Russland leiden. Dazu gehörte ein Kreditvolumen der KfW von bis zu 100 Mrd. Euro für Energiehändler. "Bei plötzlichen, dramatischen Preissprüngen müssen Unternehmen, die an den Energiebörsen mit Strom und Erdgas auf Termin handeln, kurzfristig sehr hohe zusätzliche Sicherheiten (sogenannte Margins) hinterlegen", hieß es. Bei den hohen Summen mag manchem mulmig werden. Aber das Geld ist gut angelegt. Stadtwerke sind systemrelevant.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Christoph Ruhkamp

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