WAZ: Die nächste Lena kommt bestimmt
Archivmeldung vom 29.05.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVielleicht muss man ja an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass das Schicksal der Nation am Samstagabend nicht am Kehlkopf einer 19-Jährigen aus Hannover hängt, die sich in Oslo bemüht, ihr Liedchen einigermaßen unfallfrei zu trällern. Und damit versucht, bei Europas Schlagerfreunden mehr Sympathien zu sammeln als andere Casting-Sternchen und Retortengruppen.
Einem netten Fräulein, das uns vor ein paar Monaten noch unbekannt war und das wir - möglicherweise - im Juli schon wieder vergessen haben. Vielleicht schaffen wir es ja beim Eurovision Song Contest sogar, auf dem heimischen Sofa bei Bier und Erdnüssen mal nicht über die Balkanisierung Europas zu fluchen - wenn sich die Länder der zerfallenen Jugo- und Sowjetreiche die Punkte zuschustern wie gehabt und deutsches Kulturgut aus dem Reiche Raabs ignorieren. Und vielleicht gelingt es uns unter Aufbietung aller Toleranzkräfte, die wir an solchen Abenden gerne in uns unterdrücken, den Griechen zu verzeihen, dass sie uns die großzügigen Hilfen mit zwölf Punkten für Zypern zurückzahlen. Weil uns gerade noch rechtzeitig bewusst wird, dass man den Grand Prix im Fernsehen gerne gucken, aber doch bitte schön nicht ernst nehmen darf. Verlangen Sie auch nicht zum 20. Mal, dass Zahlmeister Deutschland aus dem Spektakel aussteigen soll, falls es wieder nur für Platz 13 oder 15 langt: Die nächste Lena kommt bestimmt.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung