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Lausitzer Rundschau: Sinkende Realeinkommen in Deutschland

Archivmeldung vom 20.09.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.09.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem die Realeinkommen aus unselbstständiger Tätigkeit seit dem Jahr 2000 gesunken sind, und zwar um 0,8 Prozent. Die Italiener verdienen nach Abrechnung der Inflation heute 7,5 Prozent mehr als damals, die Franzosen 9,6 Prozent, die Briten sogar 26,1 Prozent.

Diese Zahlen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung bestreitet nicht einmal die Bundesregierung. Hinzu kommt: Auch beim verfügbaren Nettoeinkommen ist die Entwicklung nicht besser. Denn die Steuererleichterungen der Regierung Schröder sind längst durch Steuermehrbelastungen wettgemacht, vor allem durch die kalte Progression. An jeder Lohnerhöhung nagt auf der einen Seite die Inflation, auf der anderen Seite das Finanzamt. Und unter dem Strich bleibt oft ein Minus. Es ist also nicht nur ein Gefühl, dass der Aufschwung an den meisten Menschen vorbei geht. Es ist Realität. Zugleich haben die Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und Vermögen sprunghaft zugelegt. Die Schere geht auseinander. In Deutschland stellt sich zunehmend die Frage nach der Gerechtigkeit, nach der sozialen Balance und nach der Verteilung des Erarbeiteten. Der Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine nutzt die Zahlen, um eine Umverteilung von oben nach unten zu fordern. Und plakativ mittelständische Milliardäre anzugreifen. Was die Statistik allerdings nicht berücksichtigt, ist, dass durch den Rückgang der Arbeitslosigkeit heute mehr Menschen ein Einkommen haben als früher. Und diese positive Entwicklung hat durchaus mit der Zurückhaltung zu tun, die die Arbeitnehmer in Deutschland viele Jahre lang in den Tarifrunden an den Tag gelegt haben. Ebenso mit den Arbeitsmarkt- und Sozialreformen. Ohne diese Rosskur wäre die Lage heute noch viel schlimmer. Die Bundesregierung verweist denn auch auf die Verantwortung der Tarifpartner. Doch kann die Politik sprunghafte Lohnsteigerungen um acht Prozent, wie sie die IG-Metall jetzt fordert, nicht wirklich wollen, um jene Kaufkraft zu schaffen, die den Betroffenen fehlt und die auch die Wirtschaft als Konsumnachfrage dringend bräuchte. Denn solche Abschlüsse würden Arbeitsplätze und Wachstum gefährden. Die richtige Antwort ist ein ausgewogener Mix aus Tarifsteigerungen und Entlastungen bei Steuern und/oder Sozialabgaben. Das Netto in der Tasche ist das Einzige, was für die Menschen zählt. Wenn Union und SPD sich nicht endlich stärker darum kümmern, müssen sie sich nicht wundern, dass Lafontaine immer mehr Gehör findet.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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