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Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, zu: Amok

Archivmeldung vom 12.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Winnenden, Erfurt, Alabama - das Muster ist immer dasselbe. Und auch die Reaktionen gleichen sich: Kollektives Entsetzen, das nach einiger Zeit vergeht; individuelle Betroffenheit, die nie mehr endet. Aber es ist nicht so, dass wir seit einer Reihe von Massakern inzwischen nicht mehr wüssten.

Wir kennen das Psychogramm der möglichen Täter: Männliche Jugendliche in der alterstypischen Aggressionsphase ohne ausreichendes Selbstwertgefühl, Schulversager, Außenseiter, die ihre Problemlösungsmuster aus dem reichen Angebot frei zugänglicher, fiktionaler Gewalt kopieren. Und dann kommt als letzter Akt der Abgang vor größtmöglichem Publikum. Der fahrlässige Zugang zur elterlichen Waffe begünstigt die Tat. Auch Schulen, die zu Festungen verwandelt werden, könnten nur die Schauplätze anders arrangieren. Die Taten verhindern könnten sie nicht. Aber sind wir deshalb völlig hilflos? Seit Erfurt 2002 sind das Waffenrecht und das Jugendstrafrecht verschärft worden. Aber seit Erfurt gibt es immer noch zu wenig Lehrer und Schulpsychologen. Und es mangelt weiterhin daran, was allein helfen kann, eine solche Tat zu verhindern: Das Erkennen und Deuten klarer Zeichen, auch Hilferufen, die solche Täter aussenden, bevor sie auf den Tripp gehen. Es fehlt am sozialen Frühwarnsystem - an der Courage und am Mitgefühl in der Gruppe, in der Schule, im Elternhaus, um solche labile Jugendliche zu retten. Taten wie diese wird es immer wieder geschehen, wenn einschlägig gefährdete Jugendliche ohne Hilfe bleiben. Dann sind wir als betroffene Gesellschaft tatsächlich hilflos.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung

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